ZEICHNEN NACH GEHÖR UND ANDERE LEICHTIGKEITEN
Verlängert bis 3. April!
Sonntag, 3. April, 16 Uhr:
Abschiedskonzert der Extraklasse:
es spielen
DEBASISH GANGOPADHYAY und PAUL ZAUNER
(Eintritt frei – wir bitten um Hutgeld)
Anton Kirchmair
ZEICHNEN NACH GEHÖR
UND ANDERE LEICHTIGKEITEN
Soft Opening:
am Freitag, 4. März 2022, 18 – 21 Uhr
Einführung und Künstlergespräch:
19 und 20 Uhr
Hierzu sind Sie und Ihre Freunde herzlich eingeladen!
Ausstellungsdauer: 5. März – 27. März 2022
Fr – So 14 – 17 Uhr, Do 18 – 20 Uhr
Anton Kirchmair ist dem Landshuter Kunstpublikum seit langem gut bekannt. Nicht nur hatte er in den 80er und 90er Jahren sein Atelier in Untergangkofen, er machte sich zu der Zeit auch rasch einen Namen mit innovativen, häufig performativen Kunstaktionen in serieller Malerei, sowie dem spektakulären „Projekt Kurbelwelle“. Bereits hier sah man eine Kunst, die mit möglichst einfachen Mitteln ein ephemeres Erscheinen erzeugte, welches zugleich auf den wesentlichen, unsichtbaren Kern der Dinge verwies. Dem Leichten, Flüchtigen, Verborgenen nähert er sich bis heute in unendlich vielen künstlerischen Bewegungen an, umkreist es mit Sorgfalt, befragt es mit Demut, bis es eine Ahnung seines inneren Wesens preisgibt; dieses wird jedoch nie direkt sichtbar – es vermittelt sich in seinen fragilen Umhüllungen, seinen changierenden Schattenlinien, seinen zurückgenommenen Farbspuren. Im Leichten verbirgt sich das Gewicht der Welt und offenbart sich dem behutsamen Blick. Es überrascht nicht, dass die Arbeiten Anton Kirchmairs in Ausstellungen in Tokyo und Sapporo, sowie gemeinsam mit japanischen Künstlern in der Neuen Galerie Landshut zu sehen waren. Diese künstlerische Zusammenarbeit begann bereits 1986, und erreicht nun, nach einer Reihe von Ausstellungsbeteiligungen und 25 Jahre nach der letzten Einzelausstellung im Gotischen Stadel auf der Mühleninsel, einen ganz besonderen Glanzpunkt mit „Zeichnungen nach Gehör und anderen Leichtigkeiten“, darunter eine weitläufige skulpturale Rauminstallation.
Die Ausstellung von Anton Kirchmair dauert bis zum 27. März und ist geöffnet freitags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 18 bis 20 Uhr.
Roland H.H. Biswurm im Gespräch mit Anton Kirchmair (c) BR 2 kulturLeben
Anton Kirchmair ist dem Landshuter Kunstpublikum seit langem gut bekannt. Nicht nur hatte er in den 80er und 90er Jahren sein Atelier in Untergangkofen, er machte sich zu der Zeit auch rasch einen Namen mit innovativen, häufig performativen Kunstaktionen in serieller Malerei, sowie dem spektakulären „Projekt Kurbelwelle“. Bereits hier sah man eine Kunst, die mit möglichst einfachen Mitteln ein ephemeres Erscheinen erzeugte, welches zugleich auf den wesentlichen, unsichtbaren Kern der Dinge verwies.
Vor 25 Jahren zeigte Anton Kirchmair in einer rinnerungswürdigen Ausstellung in der Neuen Galerie Landshut eine serielle Reihung hölzerner Behältnisse, menschengroße Schoten aus Pappelsperrholz, jede in ihrer Form etwas unterschiedlich. Bergende Umhüllungen, in Futteralen nochmals geschützt, boten sich dar, formten eine Wellenbewegung, die wie ein einziger atmender, pulsierender Körper wirkte.
Dem Leichten, Flüchtigen, Verborgenen nähert sich Anton Kirchmair bis heute in unendlich vielen künstlerischen Bewegungen an, umkreist es mit Sorgfalt, befragt es mit Demut, bis es eine Ahnung seines inneren Wesens preisgibt; dieses wird jedoch nie direkt sichtbar – es vermittelt sich in seinen fragilen Umhüllungen, seinen changierenden Schattenlinien, seinen zurückgenommenen Farbspuren. Im Leichten verbirgt sich das Gewicht der Welt und offenbart sich dem behutsamen Blick.
Dabei geht es immer auch um eine Befragung dessen, was da ist: was macht es, was kann ich damit machen.
Von Marshall MacLuhan stammt die Aussage: „The medium ist the message – das Medium ist die Botschaft“.
Nun ist das Medium immer zuerst, wie sein Name schon sagt, ein Medium, ein Mittel zur Erweiterung des eigenen Körpers – und nirgends wurde dies deutlicher als in seinem Projekt Kurbelwelle, wo er in körperlich und geistig extrem anstrengender Weise sich entgrenzte und mit seinen Armen, ja mit seinem ganzen Körper eine mechanische Bewegung ausführte und eine ganze umlaufende Hallenwand mit schwarzer Farbe in eine umlaufende Kurbelwelle verwandelte.
Die Befragung des Mediums, des Werkzeugs nach seiner Anwendbarkeit, nach seinen Möglichkeiten, die über die ihm zugeschriebene hinausgeht, ist ein wesentlicher Impuls und Antrieb – sei es die riesige Radiernadel, die bei offensiven und impulsiven Behandlung der Radierung Fetzen herauslöst, die wiederum eine eigene visuelle Inspiration für eine neue Serie ergibt, sei es das spröde, nach Vasari eigentlich ungeeignete Kohlestück (denn nach Vasari muss sie weich und geschmeidig sein), welches dann gerade in einer scheinbar ruppigen, in Wirklichkeit extrem konzentrierten Behandlung zu feinsten, zartesten Bildergebnissen führt – oder seien es die neuen, für die Ausstellung titelgebenden „Zeichnungen nach Gehör“, die aus einer einzigen Linie bestehen, und die wie seismographische Linienführungen wirken – und es tatsächlich sind, nämlich die augenblickliche Niederschrift eines impulsiven Ausbruchs – immer ist es das Material und das Werkzeug, welches so lange befragt wird, bis es eine überraschende Möglichkeit der Verwendung und des Ausdrucks preisgibt.
Dass sich dies in langen, manchmal mühsamen, oft abenteuerlichen, spannungsgeladenen Versuchsreihen geschieht, wo es auch viele Fehlversuche gibt, macht die Ergebnisse umso packender, bewegender und unausweichlicher.
Dass hier ein aleatorisches Element, der Zufall in der Versuchsreihe, eine Rolle spielt, macht die Arbeiten und Serien nicht beliebig – im Gegenteil – es wird spürbar, dass in Ihnen die Kontingenz der Welt enthalten ist, das nicht Steuerbare, das, was wir nicht in den Griff bekommen, das Uneindeutige, das Geheimnis – oder, wie in manchen Arbeiten –das Verborgene, die Rückseite der Dinge, die Anton Kirchmair nicht verachtet, sondern ihr einen ganz besonderen Rang verleiht, – wie einem Vogel, der aus dem Nest gefallen ist – und auch in ihr die bildnerischen Entfaltungsmöglichkeiten befragt, entwickelt und zu einer neuen Serie weiterentwickelt.
Diese Behutsamkeit, dieser Wert, den er den Dingen verleiht, wird auch in diesen seltsamen Gebilden spürbar, die aus feinst bearbeiteten Einfachheiten bestehen, die sich vorwitzig hervorschwingen, sich verketten, vernetzen, den ihnen als Bühne zugewiesenen Raum überziehen und sich mäandernd daraus über den Boden der Galerie fortziehen. Diese einfachen Materialien, das Gefundene, manchmal auch das Wiedergefundene, bis in die Kindheit zurückreichende Materialarsenal ist mit so viel Zuwendung und Behutsamkeit verbunden, auch mit soviel Zerbrechlichkeit und Verletzlichkeit, dass selbst diese bühnenartigen Konstellationen wiederum wie bergende Gehäuse wirken, die diese Kostbarkeit sammeln und bewahren sollen.
Das Leichte, das so ein G.ewicht haben kann, das ist es, was so sehr berührt und einnimmt für Anton Kirchmairs Werk, und wir sind sehr glücklich, unsere künstlerische Zusammenarbeit 25 Jahre nach seiner letzten Einzelausstellung im Gotischen Stadel auf der Mühleninsel, mit diesem ganz besonderen Glanzpunkt wieder zum Leuchten zu bringen. (F.S.)