Video-Kunst

Große Rathausgalerie 06. – 15. September

Die Landshuter Kunstvereine zeigen

Videokunst in der Großen Rathausgalerie

In diesem Jahr sieht man im Keller des Rathauses keine Bilder, Skulpturen
oder Objekte, sondern es flimmern die Bildschirme und surren die Monitore.
Videokünstler der Galerie in Bewegung, des Kunstvereins Landshut
und der Neuen Galerie zeigen ihre aktuellen Arbeiten.


Neue Galerie Landshut zeigt:

Adidal Abou-Chamat | Shirin Damerji | Dagmar Pachtner | Doris Würgert | Veronika Veit

Adidal Abou-Chamat

„Ver-wicklung“ – DVVideo / 8.40 min. *2010

Adidal Abou-Chamats Videos siedeln in einer osmotischen Grauzone, wo schon leichte Verschiebungen die Gültigkeit von einfachen Wahrheiten aus den Angeln heben können.
Eine junge Araberin wickelt sich in immer gleichen Handlungsabläufen ein Tuch in unterschiedlichen Faltungen um den Kopf: Die versunkene, beinahe zärtliche Handhabung des Tuches steht in einem spannungsvollen Verhältnis zur Geste der Verhüllung und es ist frappierend, wie wenige Nuancen genügen, um dem Tuch gänzlich unterschiedliche Assoziationen zu entlocken: Manchmal bestimmen nur minimale Unterschiede – wie locker oder streng das Tuch den Kopf umhüllt, wie viel oder wenig es vom Gesicht oder den Augen frei lässt -, um es als schmückendes Accessoire oder als ethnisches oder geschlechtliches Symbol der Einengung, der Unterdrückung, ja manchmal gar der Bedrohung zu erleben.
Dass auch in diesem Video wieder irritierende Musterstörungen, augenzwinkernde, metaphorische oder kapitale Überschreitungen oder Entfremdungen eines scheinbar fest vorgegebenen Zweckes eingebaut sind, wenn etwa das Tuch dann als Augenbinde oder gar Knebel fungiert, – das versteht sich bei Adidal Abou-Chamat beinahe von selbst.

 

Shirin Damerji

„Chilleriche“ – Trickfilm / 6.30 min. * 2000

Dieser Trickfilm der in Landshut geborenen Künstlerin nimmt Bezug auf Ihre Situation als Tochter eines Irakers in dieser niederbayerischen Kleinstadt: „Immer wieder werde ich nach meinem fremden Äußeren gefragt, meistens erzähle ich eine langweilige Geschichte, die meine langweiligen Zuhörer schnell befriedigt.
Dann behaupte ich, dass mein Vater ein dreckiger Gastarbeiter ist und meine Mutter ihn vor die Tür gesetzt hat, weil er nicht arbeiten wollte.
Doch mein Vater ist niemand anderes als Ali-Baba der Wüstenprinz. Ja, ja, ich weiß, es gibt da ein Märchen, in denen auch Ali-Babas vorkommen, aber mein Vater heißt wirklich Ali. Er ist natürlich kein Prinz nach abendländischem Sinn, die sind ja groß, kränklich im Gesicht und leben auf Schlössern. Er ist dick, derb und lebt im Zelt.
Ich will nun erzählen, wie ich zu diesem Vater kam.
Meine Mutter war ein ziemlich junges, dummes Ding, und weil sie so war, wollte sie etwas erleben…“


Dagmar Pachtner

„Bloom“ – HD Video-Loop / 3.42 min. * 2013

Das Interesse an den Grundlagen des Menschlichen, der menschlichen Identität, des menschlichen inneren Antriebs zur ständigen Weiterentwicklung, ständiger Bewegung ist eines der Hauptthemen der künstlerischen Arbeit Dagmar Pachtners. Stark frequentierte Verkehrszonen wie Bahnhöfe, Brücken, Fußgängerzonen oder Unterführungen als Schnittstellen der Gesellschaft sind deshalb besonders interessant für diese Fragestellungen. In diesem thematischen Zusammenhang steht die Arbeit „Bloom“, die 2013 während eines Studienaufenthalts entstanden ist – am BUND, einer belebten Promenade im Zentrum von Shanghai.
Die Videoaufnahmen von „Bloom“ zeigen den Bewegungsablauf der Menschenmenge in einem ungewöhnlichen Ausschnitt: man sieht lediglich die Beine der Passanten, die sich in einer vielgestaltigen, den Intentionen der Passanten und der zufälligen Begegnung unterworfenen Choreographie vor einer mit Blumen bepflanzten vertikalen Wand dem Blick darbieten. Ein Moment im Fluss, im Lauf des Lebens, des Fortbewegens, des Antriebs, des Ziel vor Augen Habens wird „herausgeschnitten“. Die durch Film und Bild erzeugte Distanz ermöglicht eine Art analytischen Blick auf Verhalten, Bewegungsabläufe, Bewegungsmuster. Erst spät nimmt der Betrachter schließlich die Bewegung der Blumen an der Mauer wahr, die sich in einem fast unmerklichen, auf jeden Fall ganz anderen, zweckfreien Rhythmus im Wind wiegen.

Veronika Veit

„Die Faust“ – Video / 4.48 min * 2010

„Die Faust“ spielt in einem kalten 50-er-Jahre-„Zuhause“, in dem sich Emotionen nur in festgelegten, starren Handlungsabläufen oder in Übersprungshandlungen äußern. Das Unausgesprochene und Unausge-
drückte jedoch drängt an die Oberfläche und kommt in einer sich surreal verselbständigenden Ding-
welt hartnäckig zum Vorschein.Veronika Veits Installationen spielen mit vertrauten, im Unterbewusstsein verankerten Motiven und Szenen. Kein Betrachter weiß, wohin ihn seine Assoziationen führen werden. (Harriet Häußler)

Bei Veronika Veit haben die eigenständigen, gleichsam entfesselten Objekte des täglichen Gebrauchs das menschliche Leben für sich erobert: Sie beanspruchen Flächen und Räume, die ihre Benutzer ihnen nicht zugesprochen haben. Der Künstlerin ist es gelungen, das geheimnisvolle Eigenleben der Dinge, den immanenten Triumph des unscheinbaren Gegenstands, plastisch sichtbar zu machen. (Aeneas Bastian)

 

Doris M. Würgert

„WEG“ – Video-Loop / 7.07 min., Ton * 2013

Musik: MicMax – Michael Armann

Immer wieder befragt Doris M. Würgert in ihren Arbeiten unsere Wahrnehmung von (vermittelter) Wirklichkeit. Im Video „WEG“ sind alltägliche Erfahrungsabläufe – eine Busfahrt durch einen Tunnel und ein Waldspaziergang – achtmal in der gleichen Schnittfolge aneinandergereiht. Dabei sind die Szenen mit einem Musikstück und Tunnelgeräuschen unterlegt. Allein durch die Dauer der einzelnen Szenen und dem unterlegten Sound verändert sich die Wahrnehmung der einzelnen Bildfolgen und beeinflusst unsere Empfindungen. Ob wir dahinträumen oder Hektik verspüren, ob wir „WEG“ als Flucht oder Enthebung empfinden – in ihrer audiovisuellen Versuchsanordnung lässt die Künstlerin nachvollziehen, wie wenig es braucht, um unsere Wahrnehmung zu (ver-)führen: zuletzt funktionieren die immer gleichen Bilder sogar ohne Ton.


Kunstverein Landshut zeigt

Almut Determeyer | Renato Rill


Galerie in Bewegung zeigt

Veronika Dimke | Wolfram Kastner | Martin Stiefel | Friedo Niepmann | Susanne Fasbender | Ursula Ströbele | Ulf Sparre

Große Rathausgalerie Landshut
Altstadt 315 (Eingang Grasgasse)
www.landshut.de/grosserathausgalerie
Dauer der Ausstellung: 6. bis 15. September 2013
Öffnungszeiten: Di – So 14 − 18 Uhr, Sa 11 – 18 Uhr
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