Glasbücher
Kern des künstlerischen Schaffens von Yi Sun (geb. 1975 in Qingdao) sind zarte, semi-transparente Buchobjekte, die in ihrer Oberfläche an Silikon und Gießharz erinnern. Diese fasst sie zu thematischen Serien zusammen. Darüber hinaus präsentiert sie sie in Form von Installationen, die das anthropologische Interesse Ephemeres und persönliche Erinnerungen dauerhaft zu bewahren, in einen narrativen Kontext einbindet. Ein weißer Stuhl steht vor einem weißen Schreibtisch, dessen Lade geöffnet ist. Darin liegen zwei Fotos eines Paares, bei denen es sich um die Eltern der Künstlerin handelt. Auf dem Tisch wiederum liegen Buchobjekte scheinbar die gleichen Fotos eingelassen sind. Hinterfangen werden Schreibtisch und Stuhl von einem Vitrinenschrank, der mit weiteren Buchobjekten bestückt ist. Seine beiden fensterartigen Türen sind schmetterlingshaft bis zum Anschlag der Angeln geöffnet. Leichtfüßig weist Yi Sun mit ihrer Arbeit darauf hin, dass persönliche Erinnerungen Kostbarkeiten sind, die in einer gewissen formalen Redaktionsstufe ihre Kraft dadurch entfalten, dass sie freigegeben werden. Ihre Versiegelung eines Textes von Friedrich von Schiller erscheint vor diesem Hintergrund programmatisch: „Seine raschen Pinselzüge schreiben, Mond und Wolken hin und all die Dinge, die an dem Trunkenen vorübertreiben. Dass er sie, die flüchtigen besinge, Dass er sie die Zierliche erleben, Dass er ihnen Geist und Dauer gebe. Und sie werden unvergänglich bleiben.“