Kategorie: Künstler

IVO RINGE | HEATHER SHEEHAN

Malerei | Objekte


HEATHER SHEEHAN

„beings“

IVO RINGE
„…denn da ist keine Stelle, die Dich nicht sieht.“

Eröffnung: Freitag, 30. Januar 2009, 20:00 Uhr

31. Januar – 22. Februar 2009
do – so 14:00 – 17:00 Uhr

Führungen durch die Ausstellung
Sonntag, 15. und Sonntag, 22. Februar 2009, 15:00 Uhr

mit freundlicher Unterstützung
der Stadt Landshut und der Sparkasse Landshut

Heather Sheehan
beings

„beings“
sculpture installation
and works on paperHeather Sheehan, a New York artist based in Cologne, Germany, presents a new installation of tiny, animal-like sculptures which are nesting in a forest of abstract, wooden structures. Elevated to our eye-level, each of the embryo-like creatures has been given its own place to perch or rest. Heather Sheehan has also created delicate portraits of the „beings“ in pencil and water color. Both the installation and the works on paper make evident the dignity with which the artist views these curious creatures. In the Neue Galerie Landshut, the „beings“ peacefully wait to take up dialog with the viewers.

Zu dem Werk der Bildhauerin Heather Sheehan zählen neben Skulpturen, Installationen, Videos und Performances auch Zeichnungen. Thematisch beschäftigt sie sich in ihren Arbeiten mit Lebewesen, zum einen mit dem Menschen, seiner Gesellschaft und Kultur, zum anderen mit Wesen, die sich einer gängigen Klassifizierung weitestgehend entziehen.

Die Künstlerin zeigt hier in Landshut eine Installation mit der Werkgruppe der sog. BEINGS, von „to be“ = „sein“. BEINGS bedeutet Dasein, Sein, Wesen. Und es handelt sich um kleine Wesen, deren Gattung sich nicht eindeutig bestimmen lässt. Sie scheinen einfach da zu sein. Diese BEINGS entstehen seit 2004 in losen Folgen.
Wir sehen hier eine Installation aus mehreren sehr fragilen Zeltkonstruktionen aus jeweils 4 Holzleisten gebaut, die oben mit Bienenwachs zusammengehalten werden. Es werden auch Assoziationen wach zu Bäumen, einem Wald oder gar einer Landschaft. Die Holzkonstruktionen sind teilweise bis zu 2 m hoch, also übermannsgroß. Darin befindet sich jeweils auf Augenhöhe ein Filzlager, eine Art Nest aus weißem oder grauem Filz, in dem je ein winziges, vielleicht 10 cm kleines Wesen aus weißem oder grauem Viscoseplüschfell seinen Platz gefunden hat. Das ganze Arrangement wirkt geheimnisvoll, wie in die Welt geworfen.
Die BEINGS sitzen oder liegen, wirken hellwach oder schlafend und weisen einige Gattungsmerkmale von Säugetieren auf. Keines ist angelehnt an eine echte Kreatur, sie ähneln höchstens Mäusen, Vögeln oder Maulwürfen. Sie sind somit fremd und vertraut zugleich. Sie haben einen pelzigen Rumpf, kleine Ärmchen, Beinchen, Augen, eine Nase, sind aber alle unterschiedlich in ihrer Gestaltung und vor allem auch ihrem Ausdruck: einige sind aufmerksam, scheinen dem Blick des Betrachters zu folgen, manche wirken dagegen sehr schutzbedürftig, eines hat die Augen geschlossen wie im Schlaf (SLEEPING BEING), manche wirken frech, stolz, weise, verlassen oder hilfsbedürftig. Der individuelle Ausdruck eines jeden irritiert und bewirkt beim Betrachter Unbehagen. Sie alle haben einen Blick, der sich auf ihr Gegenüber, also auf uns richtet. Diese Begegnung mit dem Betrachter wird gelenkt, je nach Anordnung der Holzkonstruktion und der Höhe des Nestes.
Die Behausungen stehen recht vereinzelt da, so dass der Besucher sie umschreiten kann. Sie sind sehr fragil, stellen aber zugleich eine Fürsorge für ihren Bewohner dar, bieten ihm eine Wiege. Durch die Vereinzelung kann keine Kommunikation stattfinden, jedes BEING ist für sich. Diese ganze Installation ist im Raum inszeniert, auf dem Boden liegt Kleintierstreu, als seien die Nester gerade gebaut worden. Wir Betrachter bekommen Hinweise, dass wir respektvoll mit den unbekannten Wesen umgehen sollten, dass sie wertvoll sind und keine ausgestopften Trophäen oder Spielzeuge.
Wir sehen uns konfrontiert mit kleinen Wesen, mit einem unbekannten Leben, das nicht einzuordnen ist, und nun stellt sich uns unweigerlich die Frage, wie wir dem begegnen, damit umgehen. Welche Gefühle wecken diese Kleinen in uns: Fürsorge vielleicht. Sie verweisen in ihrer Fragilität, ihrem reinen Weiß auf ihre Verletzlichkeit und in einem größeren Zusammenhang gesehen auf die Verletzbarkeit des Seins überhaupt. Lässt sich der Betrachter darauf ein, so kommt es zu einer Art Dialog mit diesen Wesen, Überdenken der eigenen Haltung, des eigenen Standpunktes. Die Künstlerin stellt die Frage nach der Toleranz gegenüber Andersartigkeit.

Zur künstlerischen Vorgehensweise möchte ich noch erwähnen, dass die Künstlerin mit einer Plastilinform beginnt, sie bestimmt dabei die Größe während des Knetens. Anhand der Form wird dann ein Schnittmuster angefertigt. Im Fühlen des Stoffs während der Arbeit wird entschieden, wie die Figur aussehen soll, ob sie Ohren bekommt, einen Schnabel etc. Das ist nicht im Vorhinein klar. Später werden aus Kunstharz Details angesetzt, wie Augen, Pfoten. Während des Arbeitsprozesses mit den Materialien entscheidet sich, welche Position die neuen BEINGS haben werden. Die Künstlerin sagt dazu: „Wenn ich mit der Arbeit beginne, ist alles noch offen, irgendwann gehen die Figuren eine Beziehung mit mir ein, bestimmen ihre Position.“ – Zitatende
Diese sehr persönliche Beziehung zwischen den Wesen und der Künstlerin, die in der langwierigen Arbeit an den Skulpturen entsteht, wirkt auch auf den Betrachter zurück.
Die Auseinandersetzung der Künstlerin spiegelt sich in den Papierarbeiten wieder, von denen hier eine Auswahl zu sehen ist. Die Zeichnungen, in Aquarell oder Zeichenstift ausgeführt, sind Porträts der BEINGS, die im Anschluss an die Wesen entstehen. Es handelt sich also keinesfalls um Vorzeichnungen.

Dr. Nanna Preussners

Ivo Ringe
denn da ist keine Stelle, die Dich nicht sieht…


IVO RINGE

Ivo Ringe bedient sich ganz anderer künstlerischer Mittel als Heather Sheehan, wie schon der erste Blick zeigt: er hat sich der reduzierten, gegenstandsfreien Kunst verpflichtet und kreiert mit den Möglichkeiten der Malerei eine ganz eigene Bildwelt.
Seine Arbeiten sind reich an Struktur und Bewegung. Sie zeigen auf monochromen oder farblich unterteilten Untergründen Linien, Pinselstriche, die sich zu einer netzähnlichen Struktur zusammenfügen. Dabei entsteht eine sich in alle Richtungen fortsetzende Bewegung, die das Bild und den umliegenden Raum dynamisiert. Bei einigen Arbeiten scheint diese Struktur über die Bildränder hinweg zu wachsen, um sich dort endlos auszudehnen.
Bei anderen Werken bilden die Farbstriche eine in sich geschlossene Form mit einer netzähnlichen Binnenstruktur, deren Größe und Proportion sich am Format der Leinwand orientiert. Diese geschlossenen Formen wirken monumental und scheinen optisch aus dem Bild hervorzutreten. Sie ähneln fast Skulpturen oder auch Gesichtern. Häufig benennt der Künstler sie nach Göttern aus der griechischen Mythologie wie PALAS ATHENE oder HERAKLES.
Die gestischen Farbstrukturen überlagern sich und ziehen den Blick des Betrachters in die Tiefe eines komplexen, mehrdimensionalen Raumes.
Die Farblinien, die je nach Farbauftrag mal durchscheinend, mal undurchdringlich sind, geben in ihrer Struktur und ihrem Verlauf Zeichen ihres Entstehungsprozesses preis. Der Blick des Betrachters folgt den Spuren des Pinsels, die feinste Linien im Strich zurückgelassen haben. An den Stellen, an denen die Striche zusammentreffen und sich gleichermaßen in verschiedene Richtungen trennen, scheinen in einigen Bildern die Punkte durch, die der Künstler auf den farbigen Untergrund setzt, bevor er im weiteren Prozess beginnt, diese Punkte miteinander zu verbinden. Die Entscheidung, ob die gesetzten Markierungen zu einer geschlossenen Form verbunden werden oder sich über die Bildgrenzen fortsetzen, fällt während des Malens ganz intuitiv. Der Künstler nimmt dabei seine ganze Absicht raus und lässt die Energie der eigenen Schöpfungskraft zu.
Ringe verlässt dabei die feste, vorweg genommene Vorstellung von einem Bild, um der Wahrnehmung im Augenblick des Entstehens einen Raum zu schaffen. Darum spricht er auch immer wieder in Bezug auf seine Arbeiten von einer „Malerei des Augenblicks“. In einem Gespräch im vorigen Jahr sagte Ivo Ringe zu mir:
„Am Anfang eines neuen Bildes lege ich mit der Farbe und Aufteilung des Hintergrunds die Grundtöne des Bildes, die „Bässe“ fest. Dann setze ich die Energiepunkte darauf, und die verbinde ich. Auf welche Art und Weise die verbunden werden, das passiert während des Malens ganz intuitiv. Ich versuche mich soweit wie möglich da heraus zu nehmen. Dann, aus der Farbe, aus der Gestik, entstehen diese Strukturen, die immer anders sind.“
Die Wahl der Farben für ein Bild variiert bei Ringe sehr, je nachdem, wie der Künstler das Werk gewichten will. Die Farbzusammensetzungen sind Schicht für Schicht übereinander gelegte und mit großer Erfahrung austarierte Mischungen und werden für den Betrachter zum sinnlichen Erlebnis.
In seiner künstlerischen Vorgehensweise agiert Ringe intuitiv, seine Bilder senden Impulse an uns Betrachter, an unsere Wahrnehmung und unser Denken.„… denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht.“ ist der Titel von Ringes Ausstellung hier in Landshut und zugleich der Titel dieses nicht nur wandfüllenden sondern auch raumfüllenden Bildes. Als Betrachter hat man das Gefühl im Bild zu stehen, von ihm umschlossen zu sein. Der Titel ist dem Gedicht „Archaischer Torso Apollos“ von R. M. Rilke aus dem Jahr 1908 entliehen, das die Begegnung des Dichters mit einer griech. Statue des Gottes Apoll (Gott des Lichts und der Weisheit, Beschützer der Künste) im Louvre schildert. Im Angesicht dieses Körperfragments, ohne Arme, Beine, Kopf und Geschlecht spürt der Dichter ein Übermaß an Männlichkeit, Vitalität und göttlicher Energie, das ihn geradezu demütigt. Er schaut die Statue an und die Statue blickt ihn an, woraufhin er eine Stimme aus dem Stein vernimmt, die eben sagt: „… denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.“
Dieser Betrachter wird ergriffen, fühlt sich angesprochen, erschüttert, in seiner eigenen Existenz berührt und erlebt den einen Satz: „Du musst dein Leben ändern.“
Das Kunstwerk ist nicht nur der Betrachtung ausgeliefert, sondern fordert den Blick. Der Betrachter wird selbst zum Objekt der Betrachtung, und die ist keineswegs unverbindlich, sondern – wie von Rilke empfunden – schonungslos. Die Werke der Kunst senden Impulse an die Wahrnehmung und an das Denken. So wird aus dem Betrachter selbst ein Angeschauter.
Und wenn wir jetzt gedanklich noch einmal runter gehen zu den kleinen BEINGS in ihren Nestern und uns daran erinnern, wie jedes dieser Wesen seinen eigenen Blick hat, der auf den Betrachter gerichtet ist, so wird deutlich, wie sehr dieser Satz: „… denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht.“ auch für Heather Sheehans Kunst Gültigkeit hat.

Dr. Nanna Preußners

 

Eröffnung
Einführung Dr. Nanna Preussners, Hamburg

 

Heather Sheehan, Ivo Ringe, Dr. Nanna Preusnners


Unter den Gästen: John Groom und Rupert Eder
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Alexander Stern

Installation & Zeichnung

Eröffnung: Freitag, 06. März 2009, 20:00 Uhr
Einführung: Daniela Ebster, Kulturreferat München07. März – 29. März, DO – SO 14:00 – 17:00 Uhr

http://www.alexanderstern.de

 

Denk dir nichts?
begehbare Rauminstallation 2009
Materialien:Neonleuchtschriften („so still, dass man alles hört“, „denk dir nichts“),Papierkneuel, Modelleisenbahn (rote Lokomotive mit Lokführerfigur und Beleuchtung, 26m Schienen in unregelmäßiger Kreisform auf dem Boden verlegt), Holztisch, geloopte Soundinstallation „Schnurren“, mp3-Player, Lautsprecher.
Ausstellungsansicht: Neue Galerie Landshut, März 2009

In der Neuen Galerie Landshut zeigt Stern erstmals seine Installation „denk dir nichts“.
Der Besucher gelangt über eine Treppe in die obere, etwa 130 qm große Etage der Galerie. Der gesamte Boden ist mit weißen, zerknüllten Papierblättern bedeckt, die sich in der Tiefe des Raumes immer höher schichten und eine Landschaft formen. Mitten durch diese Papierberge dreht eine Modelleisenbahnlokomotive auf den am Boden verlegten Schienen ihre Kreise. Beleuchtet wird diese Szene lediglich von zwei Neonleuchtschriften an der Rückwand sowie an der linken Seitenwand. Während die frontal platzierte weiße Neonleuchtschrift „denk dir nichts“ den Raum von hinten erhellt, flankiert im vorderen Teil des Raumes die Leuchtschrift „so still, dass man alles hört“ einen Holztisch. Aus einem geöffneten Spalt dringt ein monotones Schnurren, das der Künstler in der Tischschublade hinterließ…

Stern realisierte bereits zahlreiche Projekte im öffentlichen Raum, wie z.B. seine Arbeit Flugmaschine in Dae Jon (Südkorea) und in Biel (Schweiz), die bewegliche Installation Bananenaufzug in Rimini (Italien) oder die Arbeit Haus George in einem Stadtpark in Bern. Für das Jahr 2009 ist die Teilnahme an einer Ausstellung im öffentlichen Raum in Peking geplant. Neben Installationen und Projekten beschäftigt sich Stern mit Malerei und Zeichnung.

Alexander Stern, 1976 in Deggendorf geboren, studierte von 1996 – 2002 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Res Ingold. Im Jahr 2000 studierte er an der Bauhausuniversität Weimar bei Prof. Jill Scott und Prof. Barbara Nemitz.
2002 legte er sein Staatsexamen an der Akademie der Bildenden Künste in München ab und ist seitdem freischaffender Künstler. Darüber hinaus unterrichtet er Kunst am Johannes-Turmair-Gymnasium in Straubing. Stern lebt und arbeitet in Straubing.

 

 

Zeichnung
Alexander Stern

In der ersten Etage hingegen sind Zeichnungen zu sehen. Stern’s Motive stammen dabei aus seiner direkten Umgebung: so fließen Blicke aus dem Fenster der Wohnung, Situationen des Alltags und die sich dabei herauskristallisierenden Detail-beobach-tungen in seine Bildwelt ein – oder er steigt in ein Flugzeug und fotografiert die Landschaftsstrukturen aus der Vogelperspektive. Er erweitert dieses Momenthafte, Erblickte, Zufällige indem er sich aus dem Fundus der medialen Welt bedient. Seine Bilder verarbeiten somit auch fotografische Vorlagen, Zeitungsabbildungen und Internetbilder.

Am Computer löst der Künstler die digitalisierten Bilder flächig auf, reduziert sie auf Archetypen seiner eigenen Erfahrungswelt, um sie anschließend wieder in analoge Kompositionen mit neuen inhaltlichen Zusammenhängen zu transformieren. Dabei zeichnet er mit Eddingstiften und malt in Öl auf Holz oder Leinwand. Wie ein Tintenstrahldrucker bewegt er sich konsequent von links nach rechts, von oben nach unten, bis die Malfläche netzartig markiert ist. In manchen Bildern unterstreicht Stern den konstruierten Charakter seiner urbanen, aber auch landschaftlichen Ansichten, durch ein feines rotes Liniennetz als deren Basis. Assoziationen zu Stadtplänen und Landkarten entstehen. Es lassen sich vereinzelt Hausdächer oder Flusswindungen erkennen. Details, die der Künstler bewusst als Hinweise hinterlassen hat.

Sterns Zeichnungen wirken trotz seiner strengen Vorgehensweise keineswegs starr, denn durch eigene Fehler, unregelmäßige Konturen und dem klar erkennbaren Pinselduktus werden gesetzte Strukturen wieder aufgebrochen. Auf diese Weise führt Stern Planung und Zufall vielschichtig und assoziationsreich zusammen. Vielfach erinnert seine urbane Bildwelt durchaus auch Naturlandschaften, ein Vergleich, der dem Künstler sehr wichtig ist. Ihn interessieren gerade diese Überschneidungen von natürlicher und von Menschen geformter Umgebung. Dabei spiegeln seine Kompositionen, die zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion oszillieren, eine sehr subjektive Perspektive. Vor allem in seinen neuesten Arbeiten erscheinen Gebäudeelemente als sparsam eingesetzte Wirklichkeitszitate neben inneren Bildwelten. Und wie so oft in den Arbeiten von Alexander Stern, eröffnen diese einen tiefsinnigen wie humorvollen Blick auf die äußere Welt.

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Michael Jochum & Dietrich Klinge

Augen für die Dauer der Dinge


AUGEN FÜR DIE DAUER DER DINGE
Dietrich Klinge & Michael Jochum
Bildhauerei & FotografieEine Ausstellung kuratiert von Martin PaulusEröffnung: Freitag, 24. April 2009, 20:30 Uhr
JENSEITSDINGE, DIESSEITSDINGE . . .
Martin Paulus (Texte, Stimme) & Thomas Carl (Klang, Perkussion)
Hierzu sind Sie und Ihre Freunde herzlich eingeladen!

Wir weisen herzlich hin auf die Eröffnung der Ausstellung
„Elisabeth Mehrl – Malerei“ im Kunstverein Landshut um 19:00 Uhr!

Ausstellungsdauer: 25. April – 17. Mai 2009    do – so  15:00 – 18:00 Uhr
Achtung: Sommeröffnungszeiten!

R.o.T.

…aus den Archiven subjektiven Erinnerns

wird ein allgemeines Repertoire geschaffen, das an Bilder aus der eigenen Familiengeschichte erinnert.
Familienbilder werden durch erneutes Fotografieren (Refotografie) auf ihren Erinnerungsgehalt und ihre eigene Vergangenheit befragt. Ausschnitte, Unschärfen und Beleuchtung lassen neue Bilder entstehen.

Material und Gebrauchsspuren werden sichtbar und  verweisen damit auf Vergangenheit und Geschichte. Wie Erinnerungen zeigen sie Risse, Spuren, Kratzer oder verschwimmen mehr oder weniger.

Die Arbeit will keine Familiengeschichte anhand von Bildmaterial rekonstruieren, sondern bleibt wie  Erinnerung bruchstückhaft und durchsetzt mit anderen Bildern.
Einzig die Bilder rekonstruieren ihre eigene Geschichte.

Michael Jochum

Dietrich Klinge

 

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Anja Ganster | Ulla Maibaum

 

Anja Ganster

 

Die Bildräume, die Anja Ganster in ihren Innenansichten schafft, sind ebenso anregend wie auch verwirrend. Der erste und bleibende Eindruck ist, man sei zufällig in ein Bild eingetreten – in Umgebungen, deren Atmosphäre derart aufgeladen ist, dass jedes Detail geradezu mit Energie pulsiert. Es ist spürbar, dass die Bilder für Ganster einen
autonomen Ort darstellen, wo sie Dinge erkunden kann, die in der Wirklichkeit schwer zu begreifen sind…Es ist vor allem Gansters Umgang mit Licht, der die Wahrnehmung der Interieurs als Orte prägt und Dimensionen der Wirklichkeit freilegt, die dem Betrachter normalerweise verborgen bleiben…
In Gansters Arbeiten wird das Licht… zu einer beinahe tastbaren Substanz… Geschaffen durch das Aufbringen mehrerer Schichten sowie eine souveräne Handhabung der Farbe, die der fotografischen Klarheit eine leicht aufgetragene Farblavierung gegenüberstellt, verstärkt das Licht die Dynamik des Bildes.
(Felicity Lunn, übers. von Aileen Derieg)

Ulla Maibaum

Die Gesichter in Ulla Maibaums Bildern sind von Schatten verhüllt, von Vegetation einer mysteriösen Landschaft zerschnitten oder auf sonstige Weise verborgen; sie wirken einer anderen Welt zugehörig und sind doch in einer bedrängenden Weise anwesend -wie eine Szene aus einem David-Lynch-Film. Bereits über frühere Arbeiten von Ulla Maibaum sagt der Kurator Andreas Beer: “Nirgends ist etwas Spektakuläres auszumachen und dennoch liegt etwas Bedrohliches in der Luft. Die Idylle ist voller Spannung…” Doch auch wenn Maibaums Bilder wie flüchtige und ephemere Film-Stills wirken, sind sie doch Malerei, in einer ebenso zwiespältigen Materialiät und Körperlichkeit: Es sind Aquarelle auf Japanpapier, und dieses dünne Material macht sie verletzlich, wie jedem Windhauch ausgeliefert – doch die farbigen Spuren auf ihnen sind kräftig, dynamisch, entschlossen. Sie behaupten eine Realität, die den Betrachter überwältigt, um sich sogleich wieder in ein verwirrendes Dickicht des Halbschattens, in ein gleichwohl anwesendes Anderswo zurückzuziehen.

Der etwas andere Diavortrag

seine Diavortäge sind Kultereignisse und gelten wegen ihrer Seltenheit
als Geheimtipp.
Einen seiner wenigen Dia-Abende hält der Münchner Künstler Marius
Pfannenstiel am Samstag, 11.07.2009 um 19:30 Uhr in der Neuen
Galerie Landshut.

Wir bieten unseren Besuchern exklusiv die Möglichkeit, einen solchen
Dia-Abend in der Neuen Galerie Landshut zu besuchen, und beschränken
unser Angebot auf 30 Sitzplätze und 20 Stehplätze.

DER ETWAS ANDERE DIAVORTRAG

Vom Mond zur Perle, vom Reif zum Reifen. Wer sich in solchen
Assoziationsketten treiben lassen möchte, wer selbst gerne
absurd-logische Verbindungen herstellt oder gewöhnliche Gegenstände
einmal aus einem anderen Blickwinkel erleben will, der st bei einem
Diavortrag von Marius Pfannenstiel genau richtig. Dinge verwandeln sich
in Sprichwörter und dann wieder in Tiere. Die permanenten
Transformationen sind nur möglich, weil sich der Münchner Künstler in
seinen Bildfolgen kosequent nach bestimmten Aspekten orientiert, ohne
dabei auf zeitliche oder lokale Zusammenhänge zu achten. Zudem sind es
nicht die menschen, sondern ihre Spuren in der Zivilisation, die ihn
interessieren. Unterstützt werden diese Diareihen durch humorvolle,
sparsame Kommentare des Künstlers, der nach 17 Jahren des Fotografierens
ein immenses Archiv an Aufnahmen angesammelt hat.
Unter dem Titel „Bilder aus dem Schrank“hält er am Samstag, 11. Juli um
19:30 Uhr einen dieser Vorträge, die immer mehr in den Mittelpunkt
seiner künstlerischen Produktion rücken. Weites Thema seiner
Bilderauswahl, die er anlässlich der Ausstellung von Ulla Maibaum und
Anja Ganster in der Neuen Galerie zeigt, ist „alles über Schmuck“.

Der Vortrag dauert ca. 40 Minuten.
Karten für Sitzplätze kosten je 8.- €, Stehplätze je 5.- €
Fördermitglieder und Mitglieder des New Collectors Club sowie Schüler,
Studenten und Schwerbehinderte erhalten jeweils 30 % Ermäßigung.

ANMELDUNG BITTE AUSSCHLIESSLICH PER E-MAIL UNTER
NG.LA@T-ONLINE.DE

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Nähe & Ferne I Dagmar Pachtner

Nähe und Ferne I. Dagmar Pachtner

Ausstellungsorte:
Museum im Kreuzgang Landshut:
1. August –4. Oktober 2009 | dienstags bis sonntags 10:00–17:00 Uhr

Neue Galerie Landshut im Gotischen Stadel auf der Mühleninsel:
1. August –6. September 2009 | donnerstags bis sonntags 14:00–17:00 Uhr

Vorankündigung:
Nähe und Ferne II – sechs japanische Gegenpositionen
Neue Galerie Landshut – Eröffnung zur Kunstnacht 11.09.2009

Ouverture

Motion
Das Interesse an den Grundlagen des Menschlichen, der menschlichen Identität, des menschlichen inneren Antriebs zur ständigen Weiterentwicklung, ständiger Bewegung … ist eines der Hauptthemen meiner künstlerischen Arbeit. In diesem thematischen Zusammenhang stehen die Arbeiten der beiden Ausstellungen in Kyoto, Motion und Overtures. Die Arbeiten sind während eines Aufenthaltstipendiums am Kyoto Art Center entwickelt und ausgeführt worden:
– eine Videoinstallation für das Kyoto Art Center
– Fotoarbeiten, die auf japanisches Papier gedruckt sind und eine großformatige Rauminstallation in der Galerie Artislong.

Bahnhöfe sind Schnittstellen der Gesellschaft und auch deshalb besonders interessant für dieses Projekt. Videoaufnahmen und Fotos sind am Bahnhof in Kyoto entstanden – am gleichen Ort, in der gleichen Situation. Sie zeigen den Bewegungsablauf der Menschenmenge aus ungewöhnlicher Perspektive – Vogelperspektive.

Für beide gilt: ein Moment im Fluss, im Lauf des Lebens, des Fortbewegens, des Antriebs, des Ziel vor Augen Habens – wird „herausgeschnitten“. Die durch Film und Bild erzeugte Distanz ermöglicht eine Art analytischen Blick auf Verhalten, Bewegungsabläufe, Bewegungsmuster.

Was bewegt den Menschen heute, wie geht die Entwicklung voran? Wie auch immer – es findet statt im Rahmen (all)täglicher Abläufe und Ereignisse.

DP. 2006

Net


Die Fotos für diese fünfteilige Arbeit wurden innerhalb kürzester Zeit – in derselben Minute – 2004 am Bahnhof Shinjuku, Tokyo, aufgenommen.

Die Arbeit befasst sich mit Distanz und Nähe zwischen Asien und Europa in
– Wahrnehmung
– Erkenntnis
– Kultur
– individuellen Besonderheiten

Ereignisse der Realität sind sichtbar und gleichzeitig doch verborgen. Es gibt eine Annäherung an die Situation hinter dem Vorhang. Der Vorhang bewegt sich. Die Distanz schaffende Überlagerung ist dünn, durchlässig und beweglich.

DP. 2006

Motion
Video-Installation


Motion
Das Interesse an den Grundlagen des Menschlichen, der menschlichen Identität, des menschlichen inneren Antriebs zur ständigen Weiterentwicklung, ständiger Bewegung … ist eines der Hauptthemen meiner künstlerischen Arbeit. In diesem thematischen Zusammenhang stehen die Arbeiten der beiden Ausstellungen in Kyoto, Motion und Overtures. Die Arbeiten sind während eines Aufenthaltstipendiums am Kyoto Art Center entwickelt und ausgeführt worden:
– eine Videoinstallation für das Kyoto Art Center
– Fotoarbeiten, die auf japanisches Papier gedruckt sind und eine großformatige Rauminstallation in der Galerie Artislong.

Bahnhöfe sind Schnittstellen der Gesellschaft und auch deshalb besonders interessant für dieses Projekt. Videoaufnahmen und Fotos sind am Bahnhof in Kyoto entstanden – am gleichen Ort, in der gleichen Situation. Sie zeigen den Bewegungsablauf der Menschenmenge aus ungewöhnlicher Perspektive – Vogelperspektive.

Für beide gilt: ein Moment im Fluss, im Lauf des Lebens, des Fortbewegens, des Antriebs, des Ziel vor Augen Habens – wird „herausgeschnitten“. Die durch Film und Bild erzeugte Distanz ermöglicht eine Art analytischen Blick auf Verhalten, Bewegungsabläufe, Bewegungsmuster.

Was bewegt den Menschen heute, wie geht die Entwicklung voran? Wie auch immer – es findet statt im Rahmen (all)täglicher Abläufe und Ereignisse.

DP. 2006

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Naehe & Ferne II

Etsuko Fuzuki, Tatsuya Higuchi, Keiko Koana, Aisuke Kondo, Yukara Shimizu, Maki Ueda

Eröffnung: Freitag, 11.September, 20:15 Uhr

11. September – 04. Oktober

donnerstags bis sonntags 14:00 bis 17:00 Uhr

Führung durch die Ausstellung am 27.09. und 04.10 um 16:00 Uhr.


Infos zur Kunstnacht

4. Landshuter Kunstnacht

Programm der 4. Landshuter Kunstnacht


Naehe & Ferne II

Japanische Künstler in der Neuen Galerie Landshut

Während im Museum im Kreuzgang Arbeiten der Landshuter Künstlerin Dagmar Pachtner im Mittelpunkt stehen, die bei mehreren Japan-Aufenthalten in Auseinandersetzung mit dieser so ambivalenten KUltur entstanden sind, zeigt die Neue Galerie mehrere japanische Künstler, welche die Gegenerfahrung zu diesen künstlerischen Auseinandersetzungen thematisieren. Es handelt sich dabei um internationale Künstler, welche nur oder erst seit kürzerer Zeit in Deutschland leben und ihre Sichtweise und Standpunkte in Auseinandersetzung mit der westlichen Kultur und ihren Phänomenen formulieren. Malerei und Skulptur, Installation, Fotografie und Film – alte und neue Medien finden dabei Verwendung.

Die Entstehung künstlerischer Arbeiten unter dem Eindruck anderer Kulturen hat eine lange Tradition – sei es in der Renaissance als Bildungsreise im Bezug zur europäischen Hochkultur oder Anfang des 20. Jahrhunderts unter dem Eindruck der Kolonialisierung als „Orientreise“ – und erfolgt heute doch unter gänzlich anderen gesellschaftlichen Vorzeichen:

Die weltweite Vernetzung und Wirkungsweise von gesellschaftlichen Prozessen hat auch die Kunstwelt verändert. So ist nun neben dem eurozentrischen Blick auch der Blick von außen auf unsere Kultur möglich geworden, was dem Publikum wiederum eine Reflexion mit den eigenen, auch vorgefassten Sichtweisen ermöglicht.

In Kooperation mit der Neuen Galerie Landshut zeigt das Kinoptikum während der Kunstnacht non stop den Film „Der Lauf der Dinge“ von Fischli/Weiss, eine wunderbare, verblüffende Meditation über Ursache und Wirkung – und ein erhellender Kommentar zur Ausstellung „Nähe und Ferne II“ in der Neuen Galerie Landshut.
Außerdem werden vom Kinoptikum im Laufe der Ausstellung zwei Filme gezeigt, die sich ebenfall, aus zwei verschiedneen Perspektiven, mit den Erfahungen von Nähe und Ferne zwischen Japan und Deutschland befassen:
Von 14. – 16. September, jeweils 21.00 Uhr: „DER ROTE PUNKT“ http://www.derrotepunkt-derfilm.de
sowie vom 04. – 05. Oktober, jeweils 21:00 Uhr: „88-PILGERN AUF JAPANISCH“ http://www.88-pilgern-auf-japanisch.de
Am 04. Oktober zeigt das Kinoptikum um 20:00 Uhr nochmals „Der Lauf der Dinge“ von Fischli & Weiss

Die Ausstellung wird gefördert vom Kulturfonds Bayern

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Tina Haase & Angelika Hoegerl

Tina Haase & Angelika Hoegerl
AUSSTEUER – Von Doppelmuff und Delfter Gefühl

Eröffnung:
Freitag, den 16. Oktober 2009,
20:00 Uhr

17. Oktober bis 08. November 2009
Donnerstag bis Sonntag
14:00 – 17:00 Uhr

Nicht nur das Material der beiden Künstlerinnen schuldet den Titel Aussteuer.
Gemeint sind die Dinge, die uns „mitgegeben“ wurden, im materiellen, wie im übertragenen Sinn.

Grubentücher, Damast, Porzellan, Faden, Stickereien oder Häckelware – all diese gutgemeinten Gaben, die uns in wertbeständiges Denken, Spar- und Achtsamkeit wünschten und traditionell wie emotional anzubinden vorhatten, führen nun in völlig anderem Kontext neue, ungeahnte Kunststücke vor. Diese alte Mitgift wird konterkariert durch neue abstrakte Formen, neue Verbindlichkeiten, verbindliche Fragen und ästhetische Antworten.

Angelika Hoegerl


Bei Angelika Hoegerl, die durch mehrere Ausstellungen in Landshut bekannt ist, sind es Anklänge an banale räumliche Fragmente, aber auch an moderne Architekturen, die in Ihren Wandobjekten mitschwingen. Kleinkariertes aus dem Genre Haushalt, Baumarkt und Deko, wie z.B. Fensterleder, Karostoffe, Tapeten, Gummimatten, Grubentücher, Wärmflaschen etc… verwandelt sie in eigenständige Objekte, die über ihr Aufgeräumtsein hinaus eine verbindliche, geometrische, klare Formen-Schönheit entfalten. Im Spiel mit Form und Oberfläche verkehrt sich manchmal Häusliches mit Öffentlichem, Privates mit Architektonischem.

Tina Haase

Überformte Relikte des Wohlerzogenen bilden auch in den Arbeiten der in Köln und München lebenden Bildhauerin Tina Haase eine Rolle. Die Serie „Delfter Gefühl“ verinnerlicht den Spagat zwischen der skulpturalen Bedeutsamkeit von BH-Körbchen und einem blauem, vielleicht holländischen Dekor. Sie enttarnt die Erwartungslastigkeit der Dinge und verwandelt Sie in neue, leichte, selbstverständliche und humorvolle Selbstbehauptungen. Tina Haase lehrt in der Nachfolge von Rainer Wittenborn Freie Kunst an der TU in München am Lehrstuhl für Bildnerisches Gestalten der Fakultät für Architektur.
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Obsession

Bilder aus der Ausstellung


Obsession

Sven Drühl, Loek Grootjans, Christoph Kern, Hartmut Neumann, Nikolaus Steglich

Mit einem Highlight beginnt die Neue Galerie Landshut ihr Ausstellungsjahr.
Die Ausstellung „Obsession“, die am 25. Januar eröffnet wird, vereinigt Positionen von 5 bekannten Künstlern, die in ihrer Arbeit eine obsessive, mit intensiver Leidenschaft betriebene künstlerische Strategie verfolgen. Obwohl vier von ihnen ausgebildete Maler sind, kommen sie in ihren Werken allerdings zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Ausstellung, die auf eine Idee von Wolfgang Ellenrieder zurückgeht und in enger Abstimmung und Kooperation mit ihm entstand, wird am Freitag, den 25. Januar im Gotischen Stadel auf der Mühelninsel mit einer Performance von Loek Grootjans eröffnet und dauert bis zum 17. Februar.

Eröffnung der Ausstellung: Freitag, 25. Januar 2008
Einführung: Wolfgang Ellenrieder und Franz Schneider
Dauer: 26. Januar bis 17. Februar
donnerstags bis sonntags, 14:00 bis 17:00 Uhr
Führungen an den Sonntagen 03. und 17. Februar, jeweils ab 15:00 Uhr

 

Obsession
Fünf künstlerische Strategien

Sven Drühl

Sven Drühl, Künstler und Kunstwissenschaftler, lehrte an Hochschulen in Essen und Dresden. Der in Berlin lebende Künstler spielt in seiner Malerei sowohl konzeptionell wie ironisch mit dem Gedanken der Nachahmung. Grundlage seiner eigenwilligen Gemälde sind Transformationen von „Klassikern“ der Kunstgeschichte: Landschaftsmalerei der Romantik oder der Moderne, zum Beispiel von Casper David Friedrich, von Ferdinand Hodler oder Claude Monet, aber auch Motive von zeitgenössischen Künstlerkollegen dienen ihm als Vorlage.

Allerdings kopiert Sven Drühl seine berühmten Vorbilder nicht, sondern er bildet sie mit heutigen Mitteln nach und schafft sie so quasi neu. Für die Umrisszeichnung verwendet er Silikonpaste; Ölfarben und glänzende Lacke lassen die Bilder in einem eigenen Licht erscheinen.

In seinen neuesten Arbeiten stellt Sven Drühl seine Motive aus unterschiedlichen Bildquellen zu den sogenannten „Bastard Landscapes“ zusammen. Vergleichbar mit einem DJ, der Musikstücke in einzelne Sequenzen zerlegt und remixt, wählt Sven Drühl einzelne Bildelemente wie Bäume, Felsen und Bergrücken aus vorhandenen Bildern, um daraus neue Landschaften zu formen. Wie selbstverständlich zerpflückt er dabei vorhandenes Bild-Material, benutzt es nach eigenem Ermessen und fasst es neu.

Loek Grootjans

Loek Grootjans ist in den Niederlanden nicht nur als Künstler, sondern auch als Philosoph bekannt. Er doziert an holländischen Universitäten über die Verbindung von Kunst und (aufgeklärter) Philosophie. Ursprünglich von der Malerei konmmend, hat er vor einigen Jahren bechlossen, die Malerei buchstäblich an den Nagel zu hängen. So hat er seine gesamten Bilder zerstört, gehäckselt und die Farbe recyclet, um daraus seine letzten, monochromen Bilder zu erstellen.

Seither ist er selbst Gegenstand und Medium seiner Kunst und verarbeitet seine existentiellen Erfahrungen in Installationen und Performances. So wurde eine Besteigung des Zuckerhütls in Österreich mit Kollegen Grundlage für die Arbeit Sugar-Mountain, in deren Mittelpunkt ein wortwörtliches philosophisches „Gipfelgespräch“ stand. Ein Monat in völliger Abgeschiedenheit und künstlicher Blindheit wurde zum Material der künstlerischen Auseinandersetzung genauso wie das beinahe obsessive Aufbewahren und Weiterverarbeiten der eigenen Hinterlassenschaften, des produzierten Hausstaubes ebenso wie der eigenen Körperaus- und -abscheidungen.

Eine Performance am Marktplatz von Breda, wo zu einem Bankett ein Video aus Splattermovie-Samples gezeigt wurde sorgte für ähnliche Furore wie eine Performance, wo er in Rom illegales Personal gegen Bezahlung die Galerieräume mit unbrauchbarem Gerät putzen ließ. Auch in Landshut wird er eine Performance zeigen, die Teil eines gegenwärtig im Entsehen begriffenen Gesamtwerkes sein wird.

 

Christoph Kern

Der Maler Christoph Kern lebt in Berlin und hat sich ganz dem Kubus als Gegenstand seiner Malerei verschrieben.
Schon früh faszinierte ihn der modulare Charakter des Lego-Spielzeuges.

In seiner bildnerischen Arbeit übernahmen auf ganz ähnliche Weise einfache geometrische Körper die Funktion eines modularen Bildbausteins. Zu Anfang der Entwicklung seines Bildsystem Bildbausatz benützte er als bildnerischen Auseinandersetzungsgegenstand einfache Holzbauklötze aus dem Spielzeugladen.

Später bei den Cubic Worlds begann er, die Vorlagen für seine Bilder mit
3D-Konstruktionsprogrammen zu konstruieren. Am Computer werden Animationen erzeugt, die festlegen, auf welche Art- und Weise sich die Bildkörper durch den Bildraum bewegen, und welchen Transformationen, wie Form-, Textur und Beleuchtungsveränderungen sie ausgesetzt sind.

Die auf diese Weise gewonnenen Bildkörper-Choreographien dienen als Anweisungen, wie sich die Bilder durch die Malebenen verändern und
sorgen für das notwendige Veränderungspotential in den zu malenden Bildern.

 

Hartmut Neumann

In erster und wichtigster Linie ist auch Hartmut Neumann Maler. Diese Entscheidung bestimmt auch sein Vorgehen im Bereich seiner Objekte, Skulpturen und fotografischen Arbeiten. Der Maler erzeugt Welten von phantastischer, fabulierender Dichte. Seine Arbeiten sind maßlos in einem doppelten Sinn: In ihnen spürt man den Anspruch, alles, restlos alles in Malerei zu verwandeln und dabei Maßstäblichkeit, Verhältnismäßigkeit und heutige malerische Konventionen komplett zu opfern.

In Hartmut Neumanns Bildern dampft es. Die Farben leuchten und lodern, als wollten sie die Wirklichkeit zum Verblassen bringen. Flora und Fauna – seine zwei großen Themen – wuchern schmatzend und saugend organisch ineinander und verschlingen dabei jeden Zentimeter freier Fläche.

Grundlage seiner fotografischen Arbeiten ist eine schier endlose Sammlung tierischer und pflanzlicher Präparate, Airport-Kitschskulpturen und Objekte der Alltagsästhetisierung. Diese stellt er zu immer neuen, üppigen Foto-Tableaus zusammen, die in ihrer visuellen und beinahe haptischen Anmutung changieren zwischen altniederländischem Stilleben und verstörender Fototapete.

Der 1954 geborene Künstler lebt in Köln und Braunschweig, wo er seit 1992 eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste inne hat.

 

Nikolaus Steglich

Nikolaus Steglich studierte an der Hochschule für Medienkunst in Köln, wo er heute lebt und arbeitet.

Für Steglich ist seine eigene Person, genauer: sein Körper, Material für seine Video-Arbeiten. Er zeigt in Landshut zwei Kurzfilme, „Platz da“ und „You’ll never walk alone“. In letzterem Video steht die Zunge als sinnliches Organ im Mittelpunkt, sowohl mit all ihren sexuellen Konnotationen, als auch in ihrer zum größten Teil dem Sprechen dienenden Funktion – in diesem Fall am Beispiel des Gesangs.

Die Zunge, die schon in den vorangegangenen Videos “Platz da” und “4.2 liter quattro” eine wichtige Rolle übernahm und als “pars pro toto” für den Körper stand, bestimmt durch den Spot und die Nahaufnahme das Bild dieses Videos. Wiederum setzt Steglich die Zunge als Sinnes- und als Sexualorgan ein. Das, was sie aufnimmt und darstellt wird von Elvis` Songs wiedergegeben.Sie überträgt, vermittelt, liebt und singt.

 

Bilder der Ausstellung

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Heike & Helmuth Hahn

ArchiDom


HEIKE UND HELMUTH HAHN
ARCHIDOM PROJEKT WUNSCHHAUS

Eröffnung: Freitag, 30. Mai 2008, 20:30 Uhr
Einführung: Johann Haslauer
31. Mai – 22. Juni 2008
do – so 15:00 – 18:00 Uhr

Führungen durch die Ausstellung
Sonntag,15. Juni und Sonntag, 22. Juni 2008, 15:00 Uhr

 

ARCHIDOM
Projekt Wunschhaus

Bildobjekte, Installationen und Skulpturen aus der Werkreihe ARCHIDOM

Johann Haslauer: Eröffnungsrede zu Heike und Helmuth Hahn

Archidom Projekt Wunschhaus

Ich möchte eine Bemerkung vorausschicken, die mein ganz persönliches Verhältnis zu dieser Ausstellung, zu diesen Arbeiten und zu diesem Thema betrifft. Es hat mit dem Fokus auf ein früheres Projekt der Neuen Galerie, „StadtLAge“ zu tun und mit dem gegenwärtig besonders präsenten Blick auf das Nikola-Viertel in unserer Stadt. StadtLAge war der Beitrag der NG zur 800-Jahr-Feier der Stadt vor vier Jahren, – eine naturgemäß unvollkommene Annäherung, denn das Phänomen Stadt ist zu komplex, um es durch eine Ausstellung zu erfassen, sei es auch mit den Medien der zeitgenössischen Kunst. Die vielen Fragmente ließen vielleicht aber ein Bild aufscheinen, das damals die sonst eher unterbelichtete Gegenwart und Zukunft der Stadt und des Städtischen betraf. Und so hätten die heute von Heike und Helmuth Hahn gezeigten Arbeiten sehr gut in unser damaliges Konzept gepaßt, das Blicke auf das gemeinsame Wohnen und den Prozeß Stadt eröffnete.

Aber das StadtLAge-Unternehmen geht weiter und wird als nächstes möglicher Weise in eine Auseinandersetzung mit dem Stadtteil Nikola münden. Hier ist ja einiges in Gang gekommen: ich möchte nur eine Auswahl an Ausstellungen und Veranstaltungen nennen, in deren Zusammenhang sich die heute eröffnete Ausstellung – obwohl zeitlich nicht daraufhin geplant – doch alles andere als zufällig erweist:

– Da stellt das Bauamt der Stadt im Rahmen der Architekturwoche 2008 die Geschichte und die Planungen um dieses Viertel in einer Ausstellung im Sparkassenfoyer am Bischof-Sailer-Platz dar.
– Da setzt sich eine Ausstellung der Galerie in Bewegung in einem ehemaligen Elektromarkt im Nikolaviertel unter dem Titel „inHäusern“ mit dem Thema „Wir-Konstruktionen“ auseinander.
– Da gibt es im Rahmen eines Stadtteilfestes am Bismarckplatz eine Fotoausstellung „Bilder von Nikola“, die eine Reflektion der Bewohner dieses Viertels anstoßen soll.
– Nicht zu vergessen auch die derzeitige, von Dr. Niehoff konzipierte Schau „seligenthal.de. Anders leben seit 1232“ mit dem utopisch empfundenen Klosterleben der Zisterzienserinnen von Seligenthal, mit die erste Besiedlung des Gebiets des heutigen Nikolaviertels, und nun

– Diese Ausstellung Archidom Projekt Wunschhaus bei uns in der Neuen Galerie mit Plastiken und Installationen unter dem Titel „Archidom“ zum Thema Wohn-Utopien

Wir sind also – ausgehend von der konkreten Situation und Aufgabenstellung in Architektur und Stadtplanung bzw. einer bestimmten geschichtlichen Entwicklung bei den anderen Veranstaltungen – noch ein Stück offener und damit grundsätzlicher: mit der Frage von Heike und Helmuth Hahn an einen Querschnitt von Personen aus der Region Nürnberg nach ihren Traum-häusern und -landschaften. Diesen Beschreibungen hat das Paar künst-lerische Gestalt gegeben. „Visionen wurden zu Kunst-Räumen, Wünsche und Sehnsüchte zu Objekten und Installationen, die in ihrer Vielfalt unter-schiedlichste Wohn- und Lebensentwürfe widerspiegeln“. So der Pressetext.

Wenn ich das Künstlerpaar zunächst biographisch vorstellen darf:
Heike und Helmuth Hahn wurden 1963 bzw. 1958 in Nürnberg bzw. in Winkelhaid bei Nürnberg geboren, waren zunächst als gelernte Schlosser im Baubereich tätig, bis sich 1994 durch einen Lehrauftrag für Helmuth Hahn an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg für beide die Möglichkeit ergab, sich noch mehr den eigentlichen Ambitionen hinzugeben. Durch die Beschäftigung im Bereich des Wohnungsbaus hatten sie begonnen, sich mit dem Thema künstlerisch auseinanderzusetzen und traten seither mit zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland hervor. Seit 2002 ist „Archidom“ ihr zentrales Projekt, das auch hier im oberen Raum vorgestellt wird.

Was sehen wir? Versuchsanordnungen mit Landschaftsfragmenten unter einem Glassturz, als würde hier die Herstellung autarker Atmosphären für die Besiedlung unwirtlicher Planeten erforscht.

Was noch? Mehrere Tableaus in unterschiedlichen Farbtönen, in deren Zentrum, gleichsam im Schmelzpunkt der Lichteinstrahlung, jeweils drei Häuser zusammenstehen, – Hinweis auf soziale Nähe, oder auch ähnlich disponierte mentale Temperaturen, sozioklimatische Milieus, könnte man annehmen, kurz vor der Verschmelzung.

Dann Schaukästen mit verschiedenen Landschaften mit den entsprechenden Längen- und Breitengrad-Angaben, das breite Spektrum traumhaft anmutender Naturlandschaften. Auf der anderen Seite Reklametafeln aus der Immobilienbranche mit den allseits bekannten Sprüchen: Your dream is our reality. Und als Abschluß am hinteren Ende eine geballte Ladung „Immobilien-poesie“, wie wir sie aus den Anzeigen der überregionalen Tageszeitungen kennen, hinterlegt mit den passenden Landschafts-Stereotypen.

Zum besseren Verständnis dieser Arbeiten ist es vielleicht hilfreich, den Werdegang des Projekts zu kennen: Bei dem als längerfristige Untersuchung angelegten Projekt ARCHIDOM (zusammengesetzt aus Archiv und Domizil) wurden seit 2002 ca. 750 Personen aus der Metropolenregion Nürnberg per Interview oder Fragebögen befragt, wie ihre persönlichen Wunschhäuser und Traumlandschaften aussehen könnten. Jeder erhält dabei fiktiv 5 Mio Euro zur Verwirklichung seiner Vorstellungen. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte querbeet durch alle Altersgruppen bzw. alle Berufssparten und Einkommensverhältnisse. Diese Ergebnisse nun in Bilder zu übersetzen und spielerisch zu verarbeiten, ist die zentrale Absicht des Künstlerpaars, das sowohl die Recherche zu den Datengrundlagen weiter vorantreibt, wie es auch das System des Spiels noch ausbaut und verfeinert. So ist nun seit 2006 die fiktive Vermarktung dieser Traumwelten hinzugekommen – die Arbeiten der „Immago Real Estates“ sind im unteren Stockwerk zu sehen, wo uns das biedere Modell Erika, die Soap City mit Versatzstücken aus städtischen Elementen, wo uns schematisierte Wünsche in weiteren Objekt-kästen begegnen und liebevoll gestaltete Modelllandschaften zur wilden Besiedlung angeboten werden. „Ihr Wunsch ist unsere Wirklichkeit“ wird eine Sprechblase der Illusionsmaschine Immobilienbranche ironisch zitiert.

So abgehoben verspielt und so fern von jedem Realismus solche Wünsche erscheinen, so elementar ist dieses Spielen und Träumen für das tatsächliche Planen und Bauen. Die moderne Stadtplanungstheorie hat längst das Potential dieser Elemente erkannt, im Konzept der „sozialen Stadt“ etwa gehört es in Form von Zukunftswerkstätten mit zu den Essentials.

Natürlich kann es nicht das grenzenlose „Mehr“ und „größer“ und „ausgefallener“ sein, dem ein nachhaltiges Planen und Bauen zugrunde liegt. Heidegger hat in einer vielbeachteten Rede von 1951 das Sein als durch das Wohnen bestimmt dargestellt. „Mensch sein heißt: als Sterblicher auf der Erde sein, heißt: wohnen.“ Wie wir uns im räumlichen Gefüge zwischen Himmel und Erde einrichten. Und dabei das Wohnen auch als Schonen begreifen, mit dem es eine gemeinsame Sprachwurzel hat, und das Sein als Mit-Sein. Doch wenn Fragen gestellt werden wie die genannten nach der Wunschwelt, in der die Befragten leben möchten, dann klingt eine alles andere als schonende Variante des Seins durch, eine, die eher die Reklamephantasien der Warenwelt spiegelt. Insofern ist die Kunst von Heike und Helmuth Hahn in ihrer Wirklichkeitsanalyse wieder sehr der Wahrheit verpflichtet. Aber es scheinen auch menschliche Grundbedürfnisse durch: nach Natur, nach Ruhe und nach individueller Entfaltung, – neben dem potentiellen Zugriff auf das soziale Umfeld. Dasein ist Mitsein, am liebsten natürlich durch einen U-Bahn-Anschluß im Keller.

Ich wünsche noch viel Spaß bei den eigenen Andockversuchen an die gezeigten Wunschwelten, viele Impulse aus den Arbeiten von Heike und Helmuth Hahn und gute Gespräche. Wir haben dafür zusammen mit dem Kunstverein in der Osteria das Bistro reserviert.

Die Werke des Projektes ARCHIDOM werden im Rahmen der Kunsträume Bayern 2008 im Juni bei containArt Fürth zu sehen sein, von Juli bis September in der Städtischen Galerie Traunstein, im Sommer im Forum Kunst und Architektur Essen und im Herbst in der Städtischen Galerie Ditzingen.

Landshuter Gespräche
Burkard Bluemlein

BURKARD BLÜMLEIN

Landshuter Gespräche

Objekte und Installation

Eröffnung: Freitag, 25. April 2008, 20:00 Uhr

26. April – 18. Mai 2008
do – so 15:00 – 18:00 Uhr

Führungen durch die Ausstellung
Sonntag, 04. Mai und Sonntag, 18. Mai 2008, 15:00 Uhr

mit freundlicher Unterstützung von
Maria und Rolf Haucke, Landshut,
der Stadt Landshut und der Sparkasse Landshut

Burkard Blümlein


Burkard Blümlein wurde 1960 in Würzburg geboren.
Er lebt in Paris und München.
Er hat eine Professur an der Villa Arson, Ecole Nationale Supérieure in Nizza.
Von 2002 bis 2007 war er Professor an der Ecole Européenne Supérieure de l’Image, Angoulème.

Betrachtet man die zentrale Bodenarbeit im unteren Stock mit dem Titel „Landshuter Gespräche“, so denkt man, wir würden den Nachverkauf des großen Landshuter Flohmarkts vom letzten Wochenende veranstalten. Nicht nur der Titel, auch die Fülle der ausgebreiteten Dinge und Objekte, ihre recht chaotisch wirkende, willkürliche Anordnung auf einer Plastikfolie könnten darauf hindeuten.
Schnell hat der geübte Flohmarktbesucher ausgemacht, worum es sich handelt: Schädel, Schlüssel, Strandgut, mechanische und elektronische Geräte, Touristenkitsch, Nippes und Ramsch aus asiatischen Billigläden, möglicherweise auch von IKEA.
Allerdings irritiert die Anordnung der Plastikfolie und die Wahrnehmung, dass sich in unseren Augen billiger Ramsch mit kleinen Kostbarkeiten, seltsamen zweckfreien Gegenständen und – bei noch genauerem Hinsehen – mit künstlerisch bearbeiteten Objekten mischen.
Wir versuchen, eine Logik, eine Struktur in diesem scheinbaren Durcheinander zu finden, ein Prinzip, nach denen diese Objekte aufgereiht, angeordnet sind – doch wir werden nicht fündig. Mit unseren gewohnten Kategorien und Taxonomien kommen wir nicht weiter.
Möglicherweise sind wir schon versucht, uns abzuwenden, es als nette, farbenfrohe Spielerei abzutun, die uns an die Kinderzimmer zu Hause erinnert, doch dann interessiert uns ein Gegenstand etwas näher, zum Beispiel der Schädel eines Vogels, der neben einem perforierten Straußenei liegt – es könnte also der Schädel dieses Vogels sein. Daneben liegt ein schwarzer kleiner Schädel, möglicherweise eines Affen, aber nun fasziniert uns eher diese Antonomie von Schwarz und Weiß, und wir bemerken, dass diese Gegensatzpaare immer wieder zu finden sind.
Wir finden Reihungen, etwa Perlenschnüre und Rosenkränze, Spagatknäuel oder eine seltsam geflochtene Plastikschnur. Diese besteht aus simplen farbigen Plastiktüten, wie man sie auf Märkten zum Verstauen der gekauften Waren bekommt. Diese wiederum korrespondiert mit einem Stapel von ebenso starkfarbigen Plastiktellern, deren Material und Anordnung ebenfalls in einem an einen Ritualstock erinnernden durchsichtigen Objekt zu finden ist, welches sich als eine Sammlung ineinandergeschichteter Einwegsektgläser entpuppt. Deren matt opake Oberfläche findet sich auch wieder in einem Objekt, das aus zusammengeklebten Spegelscherben besteht, welches einen formgleichen, aber spiegelbildlichen Naturschwamm neben sich stehen hat.
Der Blick könnte sich nun von da zu den bunten Plastikschwämmen in seiner Nähe hangeln, aber er bleibt an anderen Spiegelungen hängen, etwa der Murmel auf dem Rasierspiegel oder den beiden Flaschen, die sich Hals an Hals spiegeln und damit wiederum Analogien zu den Spielkarten unter der Plastikfolie bilden lassen, deren Motive ebenfalls spiegelbildlich angeordnet sind.
Während der ganzen Zeit ist unser Geist dabei, zu interpretieren, Analogien zu bilden, zu assoziieren und in immer neuen, sich verändernden Wahrnehmungs- und Gedankensprüngen über das Feld zu mäandern – sich gleichsam in einem wilden Denken zu ergehen, das sich so völlig von dem analysierenden Herangehen der modernen Wissenschaft unterscheidet. Claude Lévi-Strauss, der berühmte Ethnologe, hat dieses Denken als konkrete Logik der Premieres Cultures beschrieben – also der ersten, und nicht, wie wir sie bezeichnen, der primitiven Kulturen.
Dieses wilde Denken vereint sowohl intellektuelle Elemente als auch solche der Anmutung oder des Gefühls, während unser heutiges Wissenschaftsverständnis das Ziel größtmöglicher Objektivität und Abstraktion verfolgt, emotionale Beteiligung aber ausschließt.
Dabei liegt der konkreten Logik durchaus ein ebenso großer Erkenntnisdrang zu Grunde und erschließt sich nur durch die genaueste Identifizierung ihrer Bestandteile. Denn sie beruht auf der Vielgestaltigkeit der Beziehungen zwischen den Elementen.
So besteht bei den Luapula eine Beziehung zwischen dem Leopardenclan und dem Ziegenclan, weil ein Tier das andere frisst; zwischen dem Elefantenclan und dem Tonerdenclan aber, weil ehemals die Frauen, statt Behälter zu formen, Abdrücke von Elefantenfüßen aus dem Boden herauslösten und diese natürlichen Formen anstelle von Behältern verwendeten.
Wildes Denken beruht also durchaus auf einer Logik, wenn auch nicht auf der bei uns herrschenden – und es ist weder kultur- noch entwicklungsgeschichtlich überholt. So erinnert mich dieses Basislager eines Sammlers einerseits an das Kinderzimmer meines Sohnes – allerdings: wenn ich sage: „Dein Zimmer sieht aus, als hätte eine Bombe darin eingeschlagen“, so habe ich nicht genau hingeschaut: In Wirklichkeit beinhaltet nämlich dessen Kinderzimmer selbst in den chaotischsten Zuständen eine komplexe Ordnung, eine konkrete Logik, die in ihren einzelnen Analogien und Assoziationen genauso nachvollziehbar ist wie diese Arbeit von Burkard Bluemlein. Zum anderen ist auch kulturgeschichtlich dieses konkrete Denken noch zur Zeit der Renaissance das beherrschende gewesen:
Es war von Ähnlichkeiten und Verwandtschaften unter den Dingen gekennzeichnet, und wenier von Fragen von Identität bzw. Unterschiedlichkeit.
Kunst- und Wunderkammern als Vorläufer unserer Museen verdeutlichen dieses Denken: sie vergegenwärtigten anhand ausgewählter Beispiele ein Abbild der großen Welt. In dem kürzlichen erschienenen und sehr empfehlenswerten Katalog zur Kunst- und Wunderkammer wird dies wunderbar beschrieben: „Kunst und Wunder waren die beiden Schlüsselbegriffe, und diese bezogen sich sowohl auf von Menschen geschaffene Dinge (sogenannte Artificialia) als auch auf Objekte aus der Natur (Naturalia). So war ein mechanisch kompliziertes Eisenschloss „gar künstlich“, also höchst kunstvoll, und damit ebenso wie ein gemaltes Kunstwerk der Bewunderung wert und der Sammlung würdig. Dass ein Mensch aus einem Stück Elfenbein feinste ineinander gedrehte Kugeln drechseln konnte, war ein Wunder. Ein Wunder war aber auch der Baumschwamm, der einem Laib Brot berblüffend ähnlich sah.“
Hier finden wir also durchaus Elemente des „Wilden Denkens“ von Lévi-Strauss wieder, und Burkard Blümleins „Landshuter Gespräche“ üben wirklich eine Zwiesprache mit der Landshuter Kunst- und Wunderkammer und deren kokreten Logik. Wir finden in ihnen Naturalia und Artificialia, Scientifica und Exotica, und wer die Kunst- und Wunderkammer in Landshut kennt, wird wiederum Analogien und Assoziationen vielfältigster Art in den Landshuter Gesprächen finden:
Es gibt eine minutiöse Liste, in der Burkard Blümlein die Objekte seiner Installation auf die Objekte der Landshuter Sammlung bezieht. So finden sich die eben erwähnten kunstvollen Schlösser als tatsächlich entsprechende Artficialia, andere wiederum nur als Abbildung, etwa berühmte Werke der Kunstgeschichte. Es gibt die Exotica, in Form von perlmuttglänzenden Muscheln, aber auch als von Kindern im Sommerurlaub gesammelten Tand. Wir finden die Naturalia, etwa den Kugelfisch, der allerdings aus Zahnstochern nachgebildet ist, oder die menschenähnliche Alraunwurzel, wo der Künstler, ebenso wie beim schwarzen Totenschädel, mit Plastilin nachgeholfen hat.
Selbst zeitgenössische Scientifica sind in der Sammlung: Eine Nachbildung des Eisenmoleküls als Souvenir des Atomiums aus Brüssel, Computerfestplatten, oder auch ein schwarzes Telefon, dessen eingeschränkte und rätselhafte Funktionaliät schon wieder an einen totemistischen Ritualgegenstand denken lässt.
Einen solches finden wir auch in der Arbeit des Nagelfetisch im oberen Stock. Auf einem lapidaren Tisch steht eine Glasvase, die sich, gleichsam wie in einem Antipoden, unter dem Tisch in einem hölzernen Fetisch fortsetzt – oder besser gesagt, spiegelt. Den Nägeln im schrundigen Holzkörper entsprechen die Blasen im Glas der Vase, die allerdings ohne jedes Prinzip, zufällig, wie bei einer absichtslosen Bastelei, eingraviert wurden. Was sowohl die zerbrechliche Vase als auch den verletzten hölzernen Fetisch zu halten scheint, ist das jeweilige Gegenstück auf der anderen Seite der Tischplatte – und diese halten wiederum den Tisch.
Hier stellt sich die Frage nach der Ordnung der Dinge, und diese wird in den Arbeiten im oberen Stock auf je eigene Weise beantwortet. So wird die Ordnung des billigen Sammelsuriums von Gläsern auf dem niederen Regalbord durch einen Licht-Spot hergestellt, ebenso wie der Tisch hinten durch den Strahl der Lampe, welcher durch ein Loch in der Tischplatte fällt, im Raum verortet wird. In der benachbarten Arbeit verortet das hängende Lot verortet den schiefen Tisch –
oder ist es umgekehrt?: Die Ordnung der Dinge, die uns so selbstverständlich erscheint, ist eine wilkürliche, wie Michel Foucault uns seinem gleichnamigen Werk nachweist.
Wissen ist danach nicht das Ergebnis rationaler Denkprozesse, sondern das Produkt von zufälligen „Entdeckungen“ und vor allem von politisch durchgesetzten Machtpositionen innerhalb von diskursiven Strukturen. Wer also die Macht hat, den Wissens-Diskurs zu bestimmen, hat die Macht, unser Denken, ja uns selbst zu formen, zu erfassen und zu klassifizieren.
Gerade im Augenblick der umwälzenden Globalisierung wird dies wieder schmerzlich bewusst.
Es ist deshalb wichtig, dieser Ordnung der Dinge eine erkenntniskritische Ordnung der Blicke hinzuzufügen:
Die Dinge benötigen nämlich immer einen Beobachter, der über seine Perspektiven, seine Blicke, eine Ordnung herstellt.
Diese Blicke, diese Sichtweisen ergeben in umfassender Weise Möglichkeiten von Konstruktionen, die wir als Wirklichkeiten »sehen«. Darin aber ist die Sprache ebenso wie das Fühlen oder andere sinnliche Tätigkeiten eingeschlossen.
So könnte unser Blick auf dem niederen Tischchen dem Golddraht folgen, der sich durch die Gläser bohrt, genauso aber der Struktur der Volumina oder der Oberflächen; er könnte sich dem Besonderen widmen oder dem Ähnlichen, je nachdem, welche Beziehungswirklichkeit wir zwischen den Dingen herstellen.

Wenn man die Perspektive wechselt, ändern sich die Beziehungen der Elemente untereinander: Auf dem Kindergeburtstagstisch wirft aus der Froschperspektive jedes Ding seinen Schatten auf ein wieder anderes. Was am Ende drin sein wird, wissen wir nicht. Vielleicht aber sind in diesem umgekehrten Höhlengleichnis die Schatten ohnehin wesentlicher als die Dinge oder gar ihr Inhalt.
Das wilde, mäandernde Denken ist nie ganz verschwunden gewesen:
Nicht erst im postmodernen Informationszeitalter finden wir es wieder in der assoziativen, rhizomartigen Vernetzung der Hyperlinks.

Ähnlich entwickelte auch schon Aby Warburg in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts seine berühmte verschollene Arbeit Mnemosyne, benannt nach der Göttin der Erinnerung, in der er mit Hilfe von Bildern das vielfältige Weiterleben der Antike in der europäischen Kultur anschaulich machen wollte. Dieser Atlas bestand schließlich aus über 40 Kartons mit ca. 1.500 bis 2.000 Fotos, die die Tafeln teilweise bis zum Rand bedeckten und weder mit Bildunterschriften noch mit Kommentaren versehen waren. Die Tafeln beschränkten sich nicht auf klassische Forschungsobjekte der Kunstwissenschaft, sondern beinhalteten auch Werbeplakate, Briefmarken, Zeitungsausschnitte oder Pressefotos von Tagesereignissen. Warburg starb 1929 an einem Herzinfarkt, Mnemosyne konnte nicht vollendet werden.
Auch Burkard Blümleins Arbeit ist in gewisser Weise eine Mnemosyne, in der er die Erinnerung und die Möglichkeit wachhält an ein anderes Denken, einen anderen Blick, der die gängige Diskurshoheit unterlaufen kann. Nicht nur in diesem Sinne allerdings steckt sie voller Subversivität:
Immer dort etwa, wo wir als geübte Kunstbetrachter meinen, vordergründigen Sinn in den Arbeiten festmachen zu können, werden wir enttäuscht. So ist der Nagelfetisch in keiner Weise ein mit Bedeutung aufgeladenes, surrealistisches Objekt im Sinne etwa einer Louise Bourgeois. Die Arbeit ist als Idee plötzlich da gewesen, und er hat sie gemacht.
Es ist nicht diese psychoanalytisch beförderte Kunstproduktion, die Burkard Blümleins Arbeiten kennzeichnen.
Sie beinhalten vielmehr immer ein Moment des Bastelns, der „bricolage“, wie es in Frankreich heißt; das bedeutet zum einen eine Art intellektuelle Bastelei mit einem begrenzten Bestand von Material, das immer neu geordnet wird und das prinzipiell heterogen ist.
Dies bedeutet aber auch Bastelei im eigentlichen Sinne, seien es die eingravierten Blasen in der Glasvase, der geätzte Fingerabdruck im Glas, die zersprungenen und geklebten Porzellanteller, deren Haar-Riss als durchgehende Linie angeordnet sind, die perforierte Matrioschka, das Muster der geschälten Einhorn-Rinde, immer sind es einfache, oft unmerkliche Eingriffe, die auf ursprüngliche, volkstümliche oder handwerkliche Techniken zurückgreifen und die der materialistischen Ordnung der Dinge ein subversives und sperriges Element der Zweckfreiheit einfügen, unseren Blick fokussieren und ihm damit die Möglichkeit eines anderen Sehens, eines anderen Denkens, ja eines anderen Diskurses anbietet.
„Im Grunde“, meinte schon Jacques Derrida, ist ohnehin „jeder endliche Diskurs zu einer gewissen Bastelei gezwungen“. und wenn Wildes Denken nach Derrida „Erkenntnisgewinn auf der Ebene der sinnlichen Wahrnehmung und der Einbildungskraft“ bedeutet, dann ist diese Ausstellung eine Einladung an den Betrachter, wild zu denken.

Toni Wirthmüller
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Malerei | Zeichnung

Eröffnung: Freitag, 29. Februar 2008, 20:00 Uhr
Es spricht: Dr. Bernhard Fischer, Altheim

01. März – 24. März 2008
do – so 14:00 – 17:00 Uhr

Führungen durch die Ausstellung
Sonntag, 09. März und Sonntag 16. März 2008, 15:00 Uhr

mit freundlicher Unterstützung
der Stadt Landshut und der Sparkasse Landshut

Toni Wirthmüllers Arbeiten basieren auf konzeptuell angelegten Bilderserien und Bildinstallationen, in denen er sich mit dem menschlichen Körper und seiner medialen Repräsentation und Vermarktung beschäftigt, Werte und ihre Wandlungen hinterfragt. Den Künstler interessieren die verbliebenen Surrogate von Körperlichkeit sowie deren Sprache, erotische Signale und Codes. Mit dem Prinzip der Fragmentierung, der Montage und Überblendung bringt er malerische Elemente wie Farbe, Ornament und Zeichnung in vielschichtige Zusammenhänge. Gegenständliche und skripturale Zeichnungslinien sowie abstrakt eingesetzte Farbspuren durchkreuzen sich so gegenseitig. Er setzt weitere Materialien ein, um Transparenzen zu bewirken, so dass sich das Bildgeschehen auf vielen Ebenen abspielen kann, dabei ermöglicht das haptische Element der Bildoberflächen und Strukturen einen sinnlichen Zugang. Bei der Entschlüsselung der Inhalte trifft man auf die Brüchigkeit und plötzlichen Schleusen, an denen sich Alltags-und Medienebenen durchdringen, den Blick öffnend für die thematischen Schichtungen wie Schönheit, Hässlichkeit, Verwundbarkeit und Vergänglichkeit.
Der 1960 in München geborene Wirthmüller lebt seit 1982 in Berlin, wo er an der Hochschule der Künste studierte. Ab Mitte der 90er Jahre war er an der UdK (früher HdK) Berlin und der Facultad de Bellas Artes in Barcelona als Dozent tätig. Von 2000-2007 arbeitete er als Lehrbeauftragter an der Bauhaus Universität Weimar.
Wirthmüllers Arbeiten wurden an zahlreichen Orten im In- und Ausland ausgestellt, zuletzt unter anderem in New York, San Francisco, Hamburg, München, Lissabon und Novosibirsk.
Christoph Tannert (Leiter des Künstlerhaus Bethanien):
„Gegenüber den teutonischen Schmerzwutgesängen hat Toni Wirthmüller diese wunderbare Gabe, mit Farbe tief zu loten und gleichzeitig elegant wie puristisch-modern Bildelemente über- und hintereinander zu schichten. Qualität kommt bei ihm nicht von Quälen. Der Augensinn wird geschont, ja oft sogar geläutert und erheitert.
Aus der Serie „Mind Loops“ stammen jene blauen Blasen, Nullen, Ovale und Gucklöcher in Acryl auf Leinwand, die von der Nichtigkeit unserer Existenz wie von der Unendlichkeit sprechen. Wirthmüller unterstreicht das Gedankenkreisen in großen Leinwandbildern, indem er Blau auf Gelb treffen lässt, und sogar Blau auf Blau (bis an die Grenze jener Dunkelzonen des preußischen Blaus, das einem Schwarz vor den Augen werden lässt).Die Serie „Incorporeal“ lässt aus Kugelschreiberwölkchen über einer Gorillagruppe, verfremdeten Reality-Erlebnissen und Denkakrobatik Materielles auf Sinnliches treffen. Ein Ornamenten-Reigen verheißt die perfekte Würze und Entspanntheit an der richtigen Stelle.
Ihre Fortführung im Medium der Zeichnung findet diese Serie in den Arbeiten, auf denen Boxer-Motive, Bierdeckel-Pin ups, Bewusstes, Unbewusstes und aus den Weiten des Internet Gefischtes in originellen Versionen Gestalt annehmen. Das abstrahierte Normale und Notate belegen künstlerische Erlebnisetappen.
Eine besonders dichte Form der Überblendung diverser Bild- und Textebenen findet sich in einem Bild mit dem Titel „Faces“ das vier Gesichter zeigt, die an das Model Kate Moss erinnern, und das aus der Serie „Flesh Factor“ stammt. Weil der Künstler einen Text des legendären, frühverstorbenen Rockstars und Lyrikers Jim Morrison mit Kohle- und Kreidestift auf die bedruckte Leinwand geschrieben hat, bekommt das Ganze etwas von einer geheimnisvollen Offenbarung. Man fühlt sich hineingerissen in einen der magischen Rocksongs, der mehr verbirgt als freigibt von geheimnisvollen Offenbarungen über Tod und Wiedergeburt, buddhistische Weisheit und uralte biblische Prophezeiungen.
Das Grenzüberschreitende und Wunderbare dieser Morrison-Songs, die verknüpft sind mit der anderen Seite des Morgen, fixiert Wirthmüller auf geradezu elektrische Weise an dem Punkt, wo sich mitten im Alltag das Tor zum Hintergründig-Provozierenden öffnet.“

(aus der Rede zur Eröffnung der Ausstellung im GEHAG-FORUM Berlin, Juni 2006)

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Jon Groom | Rupert Eder

Aquarelle & Malerei

 

Eröffnung: Freitag, 11. Juli 2008, 20:00 Uhr 

Einführung: Ivo Ringe, Köln

12. Juli – 03. August 2008
do – so 15:00 – 18:00 Uhr
sowie bis 05. September auf Nachfrage

Führungen durch die Ausstellung
an den Sonntagen 20. Juli und 03. August, jeweils 16:00 Uhr

Die großformatigen Aquarelle der Ausstellung enstanden unmittelbar vor Ort
am 8. und 9. Juli 2008

Jon Groom

Jon Groom, DAYLIGHT WINDOW, 2005, Acryl und Pigment auf Aluminium, 49,5 x 49,5 cm

“Die Malerei ist ein Weg, die Komplexität der Existenz zu vereinfachen.“

Jon Groom wurde 1953 in Wales geboren, studierte Kunst von 1971-1978, bis hin zu einem Master of Fine Arts Diplom, verliehen von der Chelsea School of Art. Danach ging er mit einem Boise Stipendium der University of London nach Amerika. Seit 1978 wurde Grooms Werk auf breiter internationaler Ebene ausgestellt, darunter in London, New York, München, Mexiko City und Mailand. 1994 zeigte die Städtische Galerie im Lenbachhaus München einen umfassenden Überblick über Grooms Werk. 1997 stellte Groom im Luis Barragan Museum in Mexiko City aus und unlängst zeigte das Ludwig Museum Koblenz Grooms großformatige Gemälde. In diesem Jahr war Grooms Werk bei Osborne Samuel, London, in der Ausstellung „Masterpieces of Modern British Art: Selected works from the Derek Williams Trust and National Museum of Wales“ zu sehen.
Seit 1988 unterhält Groom ein Studio in München. Er lebte für einige Zeit in New York und Italien und hat bis vor kurzem einen Großteil des Jahres in Wales verbracht. In den letzten fünf Jahren reiste und arbeitete Groom intensiv durch und in Indien.

“Die Malerei schafft einen Raum, der Künstler arbeitet, um diesem Raum Bedeutung zu geben, um ihn mit ungesagtem Schweigen zu füllen, das über unser Verständnis hinausgehen kann in den Bereich der Tiefe.“

Grooms Werk kann in drei Bereiche unterteilt werden: Gemälde, Aquarelle und Wandarbeiten (Wandmalereien und großformatige mehrblättrige Aquarelle).
Durch die ständige Bezugnahme auf ein reduziertes Vokabular und dessen Wiederholung könnte man Grooms Werk mit einem Mandala oder Mantra vergleichen, durch das versucht wird, unsere visuelle Welt zu verdeutlichen. “Es ist essenziell, Kunst zu machen, deren Sinn in der Tiefe liegt und die unsere Seele direkt anspricht. Die visuellen Aspekte der Geometrie, wie sie bei Plato diskutiert werden, die Komplexität der Farbe und deren Symbiose müssen zu einer Kunst führen, die wie Nahrung für die Seele ist.”

“Jon Grooms Werke zeugen von dieser beständigen Auseinandersetzung mit der Malerei, der Natur, der Reflexion über Sein und Schönheit. Sie lassen teilhaben an den Läuterungen, die der Künstler selbst durchschreitet, im festen Willen, sich selbst zu perfektionieren und sich nicht zu begnügen mit einer – möglicherweise falschen – Wahrheit, sondern um den Gedanken und Anschauungen eine Gültigkeit jenseits der eigenen Subjektivität zu verleihen.” (Reifenscheid, Beate, The Transmission of Color, Jon Groom – Between the Light, Prestel Verlag, 2006)

“Painting is a journey to simplify the complexity of existence”

Jon Groom was born in Wales in 1953, studied Art from 1971-1978 culminating in a Master of Fine Arts Degree awarded by the Chelsea School of Art. He then traveled to America on a Boise Scholarship from the University of London. Since 1978 Groom’s work has been exhibited extensively around the world, including London, New York, Munich, Mexico City and Milan. In 1994 a major survey of Groom’s work was shown in the Städtische Galerie Lenbachhaus, Munich. In 1997 Groom exhibited in the Luis Barragan Museum in Mexico City. Recently Groom showed large-scale paintings at Ludwig Museum Koblenz and this year his work was included in an exhibition in London at Osborne Samuel entitled Masterpieces of Modern British Art: Selected works from the Derek Williams Trust and National Museum of Wales.
Since 1988 Groom has maintained a studio in Munich, Germany. He has lived for periods of time in New York and Italy and until recently spent much of each year in Wales, UK. For the last five years Groom has worked and traveled extensively in India.

“Painting creates a space, the artist works to give that space meaning, to fill it with unspoken silence which can go beyond our understanding into the realm of profundity.”

Groom’s work can be divided into three practices: the paintings, the watercolors and the wall works (wall paintings and large-scale multiple aquarelle paperwork’s).
By constantly referring to a reduced vocabulary and its repetition Grooms work can be compared to a Mandala or Mantra, seeking to clarify our visual world. “It is essential to make art which is deeply significant and which speaks directly to our souls. The visual aspects of geometry as discussed in Plato, the complexity of color and their symbioses must lead to an art work which is like food for the soul.”

“Jon Groom’s works bare evidence of this constant confrontation with painting, nature, and reflections on existence and beauty. They allow participation in the purifications that the artist himself undergoes, in the firm resolve to perfect himself and not to be content with a – possibly false – truth, but to confer validity on thoughts and views beyond his own subjectivity.” (Reifenscheid, Beate, The Transmission of Color, Jon Groom – Between the Light, Prestel Verlag, 2006)

Rupert Eder

Rupert Eder schließt mit seinen Arbeiten an die Tradition der gegenstandsfreien Malerei der Moderne an – einer Kunstform, die sich auf das Wesentliche konzentriert. In seiner künstlerischen Entwicklung setzt sich Eder immer wieder aufs Neue mit den Bedingungen und Möglichkeiten der Malerei auseinander und entwickelt dabei eine unverkennbare, eigene Bildsprache von Farbe, Form und Komposition.

Eder arbeitet seit 15 Jahren an seinem malerischen Werk. In den Leinwandbildern und Arbeiten auf Papier zeigt sich seine konsequente Position, bei der die Bildidee und die Bildfindung im Vordergrund stehen. Die Arbeiten laden zum aufmerksamen Betrachten ein, der langsame Blick entdeckt die ästhetische Schönheit und die Unmittelbarkeit des Erlebens seiner Bilder, die eine emotionale Qualität in sich bergen, wie wir sie beispielsweise auch aus der Musik oder der Literatur kennen.

In seiner frühen 360°-Serie hat Eder begonnen, Kreis, Quadrat und Rechteck zu verbinden, ohne dass die Form tatsächlich vorkam, sie hat sich ausschließlich in der Bewegung der vier rotorenartig verlaufenden Farbbalken gezeigt und durch die Überlagerung der breiten Pinselstriche gefunden.
Im weiteren Entwicklungsprozess ist er dazu übergegangen, die TOMBE, eine wabenartige Struktur, die der Künstler in Italien in einem etruskischen Felsengrab entdeckt hat, als Bildsprache zu formulieren.
Die beiden malerischen Erfahrungen haben sich verschmolzen, indem der Künstler begann, die Struktur der 360°-Bilder neben- und untereinander wabenähnlich auf einer Leinwand anzuordnen. Diese Bildneufindung hat sich zu den ersten ROTOR-Arbeiten verselbständigt:

Mit dem spürbaren Gestus der Pinselführung baut Eder aus jeweils vier Farbbalken rechtwinklige Binnenformen auf, deren Mitte ausgespart wird. Diese breiten Farbfelder fügen sich häufig aus mehreren nebeneinander gesetzten Pinselstrichen zusammen, die sich an den Eckpunkten überlagern und dort zu neuen Farbmischungen und -wirkungen führen. Die Farben nehmen raumgreifende Ausmaße an, indem sie in ihre Umgebung ausstrahlen und als Farbenergie wahrnehmbar werden. Innerhalb eines Rotors gibt es ein gewisses, rein malerisches System in der Wahl der Farben, das der Künstler intuitiv im Malprozess entscheidet, je nachdem, wie er das Bild gewichten will. Vor allem aber wird in diesen Arbeiten die sich schier endlos fortsetzende Farbbewegung betont.
Im formalen Aufbau des Geflechts entstehen nicht-hierarchische Strukturen – Bilder ohne Vordergrund, ohne Hintergrund, ohne Fluchtpunkt oder Zentrum – indem sich die Elemente kreuzen und überschneiden, Querverbindungen schaffen, und sich somit verselbständigen und unendlich fortzusetzen scheinen. Durch ihre Anschnitte am Bildrand rufen die Werke beim Betrachten das Gefühl hervor, als seien sie lediglich ein Ausschnitt, ein Detail aus einem größeren Ganzen, das sich allerdings nicht offenbart. Die Bildorganisation der ROTOR-Arbeiten ist dezentralisiert, was sich auch in diesen Anschnitten am Rand widerspiegelt, und was sich in den neueren CUT UP-Bildern fortsetzt.

CUT UP bezeichnet die Technik, die vor allem in der Literatur Anwendung fand (beispielsweise bei William S. Borroughs): Texte werden wortwörtlich zerschnitten und auf eine andere Weise wieder zusammengefügt, oder, wie beim FOLD IN, jeweils in der Mitte gefaltet und parallel nebeneinander gelegt, so dass auf spielerische Weise neue Kontexte und Sinnstrukturen geschaffen werden.
Bei Eders CUT UPs passiert das Gleiche, indem er die Form auseinander schneidet und verschiebt, wobei ein neues malerisches Bild entsteht, bei dem sich alle Teile zu einem stimmigen Ganzen fügen. An manchen Randstellen der zwei- oder dreiteiligen Bilder treffen die Formen wieder zusammen, an anderen Stellen dagegen nicht. Daraus entsteht aus einer Grundform und ihren Variationen eine neue malerische Sinnstruktur. Frühe Formen wie die TOMBE tauchen auch in diesen jüngeren Arbeiten wieder auf, aber verselbständigen sich als eigene, neue Bildsprache.

Wie der Überblick über sein bisheriges Schaffen zeigt, hat Eder sein bildnerisches Vokabular bereits in seinen frühen Arbeiten klar formuliert und setzt dieses in seiner weiteren Entwicklung konsequent fort. Es handelt sich dabei um eine gegenstandsfreie Malerei, in der sich Formen zeigen und zu Bildern generieren. Für Rupert Eder ist dies ein Ausweg aus dem Dilemma mit der wirklichkeitsnahen Darstellung und der Frage, was man abbilden will und kann.
Nanna Preußners

Was ich hier mache, ist reines Tun, reines Handeln, und daraus entstehen die Bilder, ohne einen theoretischen Überbau, ohne eine Vorlage aus der Wirklichkeit, es ist ein reines Arbeiten und Vorankommen mit der Malerei. Und das ist schon sehr spannend. Man kann meine Werke eben auch ausschließlich phänomeno-logisch betrachten: Was ist da? Was sehen wir?
Rupert Eder

Arbeit an den Aquarellen

im Gotischen Stadel, 8. u. 9. Juli 2008
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