Alle Beiträge von sokrates

Tina Haase

Stratigrafie


„Stratigrafie 2“, 2012, Karton (Puzzleteile), Klebstoff, 30 x 45 x 35 cm (Foto Eberhard Weible)

In einer Ethnographie des Trivialen befragt Tina Haase allaegliche Dinge und Raeume nach ihren besonderen Qualitaeten. Zuweilen waehlt sie auch ihren eigenen Alltag zum Forschungsgebiet, etwa das Ausfallen ihrer Haare.
Statt diese nun zu archivieren, zu vergleichen, zu zaehlen, fischt sie sie wieder aus dem Sieb, wo sie wie von selbst ineinander verflochten wurden, und fuegt sie zu froehlichen Schwaermen von zarten, durchscheinenden Quallentieren.
Dieser spontane Zugriff auf die Welt kommt auch in ihren Stratigrafien zu Tage. Anstatt sich den quaelenden Fragen zu stellen, welche Puzzleteile zusammen gehoeren, backt sie alle Teile verschiedener Landschaftspuzzles zu einem einzigen Gebilde zusammen, das zum Bild von Landschaft, zum Bild von Welt gerinnt.
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Loek Grootjans

Erinnerungsspuren

Starke Emotionen loesen die Installationen von Loek Grootjans aus. Der niederlaendische Kuenstler und Philosoph kreist in seinen Arbeiten um die Frage, was von einer vorübergehenden Existenz bleibt, was von ihr festgehalten oder gespeichert werden kann.

Aus gesammelten Relikten versucht er, die Bestandteile einer Existenz, gleich einer kuenstlerischen DNA, zu entschluesseln. In seiner aktuellen Arbeit, welche zum Zyklus „Storage for Distorted Matter“, also „Speicher fuer verwandelte Materie“ gehoert, ließ er vorab in der Neuen Galerie die Waesche seiner verstorbenen Eltern waschen und das Wasser des ersten Waschgangs aufsammeln und auf Flaschen ziehen. Diese werden aufbewahrt, bis es eines Tages vielleicht ein Verfahren geben wird, diese Materie zurückzuverwandeln.
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Christian Frosch

Malereiforschung

„panta rhei“ 5 aus 1 (1/5-5/5), 2011, Mischtechnik, Sockel, Glashaube, fünfteilig, je 112 x 30 x 30 cm (Ausschnitt)

Malereiforschung ist der Ausgangspunkt fuer die Arbeiten des Malers Christian Frosch. „Zur Forschung“, sagt Christian Frosch, „gehoert das Atelier als Labor, als Ort der Versuchsreihen bis hin zur Produktion.“ Die Untersuchungen zu den originaeren Themen der Malerei – also zur Farbe und ihren noch unbekannten Eigenschaften und Verhaltensweisen, ihrer Korrelation zum Werkzeug, zu Pinsel und Leinwand – werden in immer neuen Versuchsanordnungen durchgefuehrt und in eigens dafuer konstruierten Konstellationen zur Schau gestellt. Die Untersuchungen geben ihr Ergebnis in einer Laborsituation wieder, machen sie neu erfahrbar. Immer geht es dem forschenden Maler Christian Frosch um die Frage „Was ist Malerei?“

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Heribert Friedl

nonvisualobjects


„o .T. (Landshuter Spuren)“, 2012

In Heribert Friedls Installation ist fast nichts zu sehen, dafuer umso mehr zu riechen.
Durch den kleinen Raum in der Rathausgalerie zieht sich ein kaum sichtbares Band, eine Lasur, die Friedl auftraegt als Untergrund fuer die Duefte, mit denen er beim Besucher Sehnsuechte wachrufen, und Assoziationen und Empfindungen ausloesen will. Mit dem Betreten des Raumes wird der Besucher Teil der Installation oder vielmehr die Gerueche werden Teil von ihm: Sie verbinden sich mit seinen Erinnerungen, loesen Empfindungen aus, und generieren moeglicherweise sogar Impulse, die den Besucher zu Emotionen, Aeußerungen und Handlungen bewegen.
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Judith Egger

Stoerfall

Eine skeptische Haltung gegenueber dem absoluten Welterklaerungsanspruch der Wissenschaft spricht aus Judith Eggers Installation „Stoerfall“.

Egger, aus einer Wissenschaftler-Familie kommend, installiert eine apokalyptische Anordnung – das Institut nach dem GAU. Das Personal ist verschwunden, alles ist von Staub und undefinierbaren Organismen ueberzogen.
Aus der Ordnung und der Zeit enthoben, wirkt die Installation wie eine Stoerung unserer gesicherten Anschauungen und Vorstellungen, und verweist auf die Moeglichkeit, manches auch anders zu denken.
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Michael von Brentano

Heimat-Forschung


„Gams, Bergziege, 2012, Holz Schnitzerei / ebay Nr. 15078870038“ Gewerbliche Schnitzerei (Gämse) aus Zirbenholz, weitergeschnitzt, 8 x 6 x 15 cm

Michael von Brentanos Haltung ist eine forschende, schauende, erfahrende, und dann auch sammelnde und archivierende. Dabei ist es kein naturwissenschaftliches Interesse, das seinen Blick auf die Schichtungen, Strukturen und Objekte lenkt. Es ist eher ein kontemplatives, stilles Spurensammeln, ein Akt des Verstehens der Landschaft – und damit auch der Heimat, der Idylle, der seelischen Landschaft.
So werden Naturformen in fremdem Material imitiert, etwa sein “Baumstamm“ in dieser Ausstellung, oder er setzt sich mit verkitschten Verwandlungen von Natur auseinander, indem er geschnitzte Souvenirs in Form von Gaemsen oder Boecken weiter bearbeitet und eine Naturnaehe herstellt, die gar nicht intendiert war.
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Daniel Braeg

Pomologie


„4 Kühlschränke“, 2005, Kühlschränke, Obst, Saft, Blüten, Gelatine, Gläser, ca. 160 × 250 × 60 cm (Foto: Tom Faehrmann)

Von einem geheimnisvollen inneren Leuchten erfuellt brummen Daniel Braegs Kuehlschraenke in der Ausstellung leise zitternd vor sich hin. Wie eine eigene kleine Wunderkammer beherbergt dieses Ensemble aus alten Truhen eine Sammlung verschiedener Deckelglaeser, Flaschen und Glasballons. Darin befinden sich, in Gelatine eingelegt, Fruechte, Zweige, Blaetter und Blueten von Aepfeln. Nach einiger Zeit werden die Glaeser und die Gelatine milchig weiß und dann gelb, und die eingelegten Objekte wirken wie in Bernstein gefasst und für immer der Zeit entrueckt. Doch das sind sie eben nicht: Durch die unterschiedlichen Methoden der Haltbarmachung konserviert Daniel Braeg nicht die Fruechte, sondern vielmehr den Verfallsprozess. Am Ende aller Zerfallsprozesse, die uns Daniel Braegs Objekte vor Augen stellen, aber steht der Tod.
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Burkard Bluemlein

Wohnzimmerwelterklärungsmodelle

Kuriositätenkabinett Villa Floreal, 2010, Cadegliano/Italien

Burkard Bluemleins Ausstellung „Landshuter Gespraeche“ im Gotischen Stadel war die erste, die wirklich eine Zwiesprache mit der Landshuter Kunst- und Wunderkammer und deren konkreter Logik hielt.
Diese „Landshuter Gespraeche I“ im Jahr 2008 waren eigentlich ein Ferngespraech. Diesmal allerdings werden seine Gespraeche direkt in der Kunst- und Wunderkammer fortgesetzt. In kaum merklichen Interventionen tritt er mit seinen oftmals aus trivialen Zusammenhaengen genommenen Alltagsgegenstaenden formal, inhaltlich oder auch metaphorisch in einen direkten Dialog mit den Objekten der Kunst- und Wunderkammer.

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Kunst- und Wunderkammer – revisited

Strategien der Welterschließung und Erkenntnissuche in der aktuellen Kunst


Einladung zur Eroeffnung der Ausstellung

am Donnerstag, 2. August, 19:00 Uhr in der Großen Rathausgalerie

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Chris Bierl, Burkard Bluuemlein, Daniel Braeg, Judith Egger, Michael von Brentano,
Heribert Friedl, Christian Frosch, Loek Grootjans, Tina Haase, Klaus Heid,
Christoph Hessel, Christoph Kern, May Snevoll von Krogh, Doris M. WuuergertBegrüßung Oberbürgermeister Hans Rampf (oder dessen Vertreter/in)
Einführung durch die Kuratoren



Ausstellung:

3. – 26. August 2012

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Ausstellungsorte:Große Rathausgalerie Landshut, Altstadt 315 (Eingang Grasgasse), 84028 Landshut:
Di–So, 14–18 Uhr, Sa 11-18 UhrKunst- und Wunderkammer auf der Burg Trausnitz, Burg Trausnitz 168, 84036 Landshut:
tgl. 9–18 UhrMuseen der Stadt Landshut in der Stadtresidenz, Altstadt 79, 84028 Landshut:
Di–So, 9–18 UhrOrganisation: Neue Galerie Landshut e.V.,
in Zusammenarbeit mit der Stadt Landshut,
den Museen der Stadt Landshut,
dem Bayerischen Nationalmuseum, München,
sowie der Kunstkammer Georg Laue, MünchenKuratiert von Stephanie Gilles, Anke Humpeneder-Graf, Franz SchneiderGefördert durch den Kulturfonds Bayern

 

Kunst- und Wunderkammer – revisited

In Auseinandersetzung mit der auf der Burg Trausnitz zu entdeckenden Kunst-und Wunderkammer der Wittelsbacher zeigt die Neue Galerie Landshut aktuelle künstlerische Positionen, die sich inhaltlich, methodisch und teilweise auch formal auf die Welterschließungsstrategien und die Erkenntnissuche der Kunst- und Wunderkammern des 16. bis 18. Jahrhunderts beziehen.
An mehreren Ausstellungsorten entspinnt sich so ein spannungsvoller Dialog zwischen Objekten früherer Epochen und künstlerischen Arbeiten der Jetzt-Zeit.



Große Rathausgalerie Landshut

http://www.landshut.de/thema/kunst-museen-und-kultur/kulturelle-einrichtungen/grosse-rathausgalerie.html


Kunst- und Wunderkammer auf der Burg Trausnitz

http://www.bayerisches-nationalmuseum.de/index.php?id=73


Museen der Stadt Landshut – Sammlungen in der Stadtresidenz

http://www.landshut.de/thema/stadtverwaltung/referat-1/staedtische-museen/standorte-und-ausstellungen/ausstellung-in-der-stadtresidenz.html


Kunstkammer Georg Laue, München

http://www.kunstkammer.com/home3.html

 

Kunst- und Wunderkammer – revisited

Strategien der Welterschließung und Erkenntnissuche in der aktuellen Kunst


Burkard Blümlein, Einladungskarte zur Ausstellung „Landshuter Gespräche“ in der Neuen Galerie Landshut, 2008, 14,8 x 10,5 cm

Diese Ausstellung versammelt 14 künstlerische Positionen, welche sich inhaltlich, methodisch und teilweise auch formal auf die Welterschließungsstrategien und die Erkenntnissuche der Kunst- und Wunderkammern der Renaissancezeit und der Raritätenkammern der Barockzeit beziehen. Sie vereinen intellektuelle mit sinnlichen, analysierende mit assoziativen Erkenntnis-Strategien. Was alle Künstler verbindet, ist die Ablehnung affirmativer Setzungen zugunsten einer eher subversiven, forschenden Fragehaltung.

Man findet Strategien des Zusammentragens und Sammelns, des Katalogisierens und Kategorisierens, des Erprobens, Forschens und Analysierens. Sie werden kombiniert mit solchen des Staunenmachens, des Assoziierens, der Analogiebildung und anderen Formen des „Wilden Denkens“, wie es Claude Lévi-Strauss nannte.

Künstler
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Chris Bierl

Organic Matter Biosphere


organic matter biosphere 2012 – diverse Materialien

Chris Bierl bewegt sich an der Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft. Der Kuenstler ist mit den Wegen wissenschaftlicher Beweisfuehrung, ausgehend von Hypothesen und Axiomen, vertraut. In seinen Installationen aber geht er zunaechst von den Materialien und Objekten aus und erweitert diese assoziativ, der Intuition folgend und dann konsequent nachfassend, wobei sich gerade in diesen scheinbar unwissenschaftlichen Suchbewegungen Fragestellungen auftun, die nicht nur chemische, physikalische oder biologische Zusammenhaenge beruehren, sondern auch markt- oder wissenschaftstheoretische: Man koennte sagen, Bierl betreibe eine Art weltimmanenter Meta-Physik mit alchimistischen Methoden.

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